Frankreich: Brot und Freiheit!

Gleiche Ursachen mit gleichen Auswirkungen bedeuten jedoch, dass es sich hierbei nicht um Einzel- oder Zufallsfälle einiger missbräuchlicher Chefs handelt, sondern um ein weit verbreitetes und systematisches System, das als kapitalistische Ausbeutung bezeichnet wird. Die Tatsache, dass dieselben Vorkommnisse in Toulouse, Montreuil oder Wien (Österreich) stattfinden, zeigt auch, dass die kapitalistische Ausbeutung keine Grenzen kennt. Und dass es daher wichtig ist, dass diejenigen, die dagegen Widerstand leisten und sie bekämpfen wollen, ein Solidaritätsnetzwerk knüpfen.

Die CNT-IAA in Toulouse hat in der aktuellen Ausgabe ihrer Zeitschrift folgenden Text veröffentlicht:

Es schien uns interessant, in dieser Ausgabe von „Anarchosyndicalisme“ mit einer Reihe von Kämpfen im Backgewerbe zu beschäftigen, die bisher stattgefunden haben oder noch stattfinden. Diese Kämpfe erscheinen uns interessant, weil sie jenseits der Entfernung, die sie trennen, – manchmal mehrere tausend Kilometer und verschiedene Kontexte – die gleichen Ursachen haben: einerseits die kapitalistische Ausbeutung in ihrer reinsten Form, andererseits die hierarchische Arbeitsweise, in der allen ihr Platz in der Rangordnung zugewiesen wird und bei der den Vorgetzten nicht wiedersprochen werden darf.

Diese drei Kämpfe – zu denen wir einen vierten der Rechtshilfe hinzuzählen könnten, in denen wir Arbeiter*innen aus derselben Branche unterstützt haben, die aber ohne offen ausgetragenen Konflikt gelöst werden konnten – verliefen alle nach dem gleichen Schema: ein Chef oder eine Managerin, welche ihre Mitarbeiter*innen ausnutzt ohne dabei die grundlegendsten Arbeitsrichtlinien zu berücksichtigen (Überstunden, Ruhepausen,…) und ohne ihnen zu zahlen, was ihnen zusteht.

Gewerkschaftskundgebungen bei Firin (Wien) und Patalevain (Toulouse). Fotocollage: CNTf-IAA
Eine weitere interessante Tatsache ist, dass zwei dieser Kämpfe in einem Verein geführt werden, der für sich beansprucht solidarisch zu handeln („Patalevain“ in Toulouse). Sowie in einer Genossenschaft, die sich selbst als anarchistisch bezeichnet („La conquête du pain“ [Die Eroberung des Brotes] in Montreuil). Vereine sollen eigentlich gemeinnützige Strukturen sein, aber in Wirklichkeit sind sie Unternehmen wie alle anderen (was Simon, der Chef von „Patalevain“, in dem Blog seiner Bäckerei in gewisser Weise als eine Art Verbrechen am Gemeinwohl bezeichnet hat). Sobald ein Verein aber faktisch zum Wohl seiner Mitglieder oder Vorsitzenden wirtschaftet, halten die großartigen Grundsatzerklärungen im Allgemeinen nicht sehr lange stand. Und das gilt umso mehr für Genossenschaften, sobald sie sich entscheiden Arbeiter*innen einzustellen und damit eine tatsächliche Hierarchie zwischen einerseits den Genossenschafter*innen als Eigentümer*innen des Stammkapitals und andererseits den Arbeiter*innen schaffen, welche den Genossenschafter*innen untergeordnet werden.

Diese Geschehnisse stehen auch stellvertretend für die Kämpfe, an denen wir in den letzten Jahren teilgenommen haben: Kämpfe von ehemaligen Arbeiter*innen, die nachträglich ihre Rechte einfordern, auf der Grundlage des Gesetzes und mit Unterstützung von Außenstehenden, die zum Boykott aufrufen. In der Hoffnung, eine gütliche Einigung zu erzielen, anstelle eines rechtlichen Verfahrens vor dem Arbeitsgericht, dessen Ausgang ungewiss ist und das immer sehr lange dauert. Es liegt dann an der Fähigkeit der kämpfenden Arbeiter*innen und ihren Unterstützer*innen ein dauerhaftes Kräfteverhältnis aufzubauen und aufrecht zu erhalten. Und dabei gegebenenfalls auch Bündnisse einzugehen, um den entscheidenden Kreis von Unterstützenden zu erweitern.


Wir müssen uns dabei aber fragen, ob wir uns als Organisation in Solidaritätskomitees an Kämpfen beteiligen, an denen wir nicht selbst beteiligt sind. Vor allem, wenn andere Organisationen, insbesondere politische, dort mitwirkeln. Denn die CNT-IAA ist grundsätzlich mit anderen Anarchosyndikaten oder Mitgliedern der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (deren Sektion die französische CNT-IAA ist) solidarisch. Und selbstverständlich auch mit eigenständigen Gruppen von Arbeiter*innen, wenn diese die Grundsätze der politischen Unabhängigkeit, nicht-hierarchischer Gleichberechtigung und gegenseitger Solidarität teilen.

Anarchosyndikalist*innen sind natürlich gegen jede Zusammenarbeit mit politischen Parteien oder ihren Vertreter*innen. Daher kann, wie bereits der Gründungstext der CNT-IAA von 1946 feststellt, der Anarchosyndikalismus „nicht zur Verfolgung politischer Ziele beitragen, die von Parteien angestrebt werden, und er kann nicht mit ihnen zusammenarbeiten. Die immer offensichtlichere Verfolgung solcher Ziele, welche die anderen Gewerkschaftsverbände und ihre Parteien betreiben, zwingt die CNT, mit diesen Kräften jegliches Bündnis abzulehnen, was die Revolution betrifft.“ Damit der Anarchosyndikalismus nicht von der Realität abgeschnitten wird, bleibt uns daher nichts andres übrig als dass “die CNT ihre Bemühungen nur auf dem Gebiet des alltäglichen Handelns mit anderen Gewerkschaftsbünden zusammen zu arbeiten“.

Es erscheint uns auch gerechtfertigt, die Kämpfe von Arbeiter*innen gegen ihren Chef zu unterstützen, nicht nur, wenn die Ansprüche legitim und in Übereinstimmung mit unseren Grundsätzen sind, sondern auch, wenn diese Kämpfe auf direkten Aktionen beruhen, also von den Arbeiter*innen selbst ohne Vermittlung durch Dritte (wie Arbeitsgerichte oder Schlichtungsstellen). Wenn es der CNT-IAA gelingt, Arbeiter*innen vor dem Arbeitsgericht zu unterstützen, dann ist dies für uns immer ein Zeichen für einen vorübergehenden Verzicht auf unsere Grundsätze, weil wir nicht in der Lage sind, ein ausreichendes direktes Kräfteverhältnis selbst aufzubauen.

Im Fall der Bäckerei „La conquête du pain“ ermöglichte solch ein Kräfteverhältnis den Erfolg für die drei Streikenden, da ihre Forderungen erfüllt wurden. Doch die Arbeitskämpfe bei „Firin“ in Wien und bei „Patalevain“ in Toulouse gehen bei Redaktionsschluss immernoch weiter. Wir rufen daher zu größtmöglicher Solidarität auf, damit auch diese Kämpfe siegreich werden.

Solidarische Aktivist*innen der CNT-IAA

Quelle: Anarchosyndicalisme, No. 178, Sept-Oct 2022, https://cntaittoulouse.lautre.net/spip.php?article1259

Korrigierte automatische Übersetzung: ASN Köln (CC: BY-NC, https://asnkoeln.wordpress.com)

Russland: Spontaner Massenwiderstand gegen Mobilmachung

Folgende Informationen hat die französische Solidaritätsinitiative „Olga Taratuta“ auf Grundlage von Berichten der russischen KRAS-IAA zusammengestellt:

Wir haben zuvor über den Widerstand der ukrainischen Bevölkerung gegen die Mobilmachung zum russisch-ukrainischen imperialistischen Militärkonflikt berichtet, welche in weiten Teilen der Bevölkerung zu schlaflosen Nächten geführt hat, sowie die Flucht der Wehrpflichtigen und die Ansprache der zum Militärdienst erfasssten Personen und ihrer Familien usw. Nachdem der Kreml am 21.09. angekündigt hatte, dass sie zur Armee eingezogen werden sollen, brachen in Russland zahlreiche ähnliche Protestdemonstrationen aus. Viele Menschen wollen nicht für das Machtstreben und die Gewinne der herrschenden Klasse töten oder getötet werden.

Die häufigste Reaktion der russischen Bürger war die Flucht ins Ausland. Bereits in den ersten vier Tagen haben mehr als 260.000 Männer das Land verlassen. Riesige Warteschlangen bildeten sich an den Grenzübergängen. Die Bewohner*innen Russlands profitieren von der Tatsache, dass es (im Gegensatz zur Situation der Wehrpflichtigen in der Ukraine) noch nicht verboten ist, ins Ausland zu reisen. Obwohl die Grenzbehörden offenbar versuchen, ihnen alle möglichen Hindernisse in den Weg zu legen und ihnen vor dem Grenzübertritt noch die Einberufungsbefehle auszuhändigen.

Darüber hinaus haben sich die Staaten (auch die gegeneinander Krieg führen) sehr schnell darauf geeinigt, dass Kriegsdienstverweigerer*innen und Deserteur*innen in jedem Land als gefährliche und potenziell subversive Elemente angesehen werden. Auch die EU-Kommissarin für Migration, Inneres und Bürgerschaft, Ylva Johansson hat sich in diesem Sinne geäußert. Die baltischen Staaten haben offen angekündigt, dass sie die russischen Bürger*innen, die sich der Einberufung entziehen wollen, nicht in ihr Land einreisen lassen werden.

Um die massenhafte Flucht vor Mobilmachung und Dienstverpflichtung zu verhindern, verstärken die russischen Behörden die repressiven Gesetze weiter. Es wurden Änderungen des Strafgesetzbuches vorgenommen, wonach man jetzt bis zu 10 Jahre Gefängnis riskiert, wenn man eine Armee-Einheit verlässt oder sich nicht zum Militärdienst meldet und während des Kriegsrechts dem Befehl des Kommandanten nicht Folge leistet. Überall wird den Leuten die Einberufung zugestellt, sogar auf öffentlichen Plätzen.

Als direkte Reaktion auf die Ankündigung der Mobilmachung brachen in Russland Demonstrationen, Versammlungen und andere Proteste in einer ungeahnten Größenordnung aus. Solche Aktionen waren seit dem Frühling nicht mehr zu sehen gewesen, bevor sie von heftiger Repression zerschlagen worden waren.

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Pakistan: Katastrophenhilfe geht weiter

Nachdem durch schwere Regenfälle und dramatische Gletscherschmelzen das Hochwasser riesige Gebiete in vielen Landesteilen überflutet hat, leiden Millionen Menschen in Pakistan an Obdachlosigkeit, Hunger, Trinkwassermangel und Seuchengefahr.

Die Anarchosyndikalist*innen der Workers‘ Solidarity Federation (WSF-IAA), die teilweise selbst ihr Zuhause verloren haben, sind seit Wochen unermüdlich im Einsatz, um wenigstens einigen betroffenen Menschen mit Materialspenden direkte Hilfe zu leisten.

Drei Leute stehen vor einem großen Wasserbehälter

Sie sind in den meistbetroffenen Gebieten Sindh, Khyber Pukhtoonkhwa und Balutschistan aktiv und versuchen mit verschiedenen Methoden der gegenseitigen Hilfe die notleidende Bevölkerung zu versorgen.

Neben der Verteilung von Lebensmittelpaketen und Moskitonetzen haben sie in einigen Obdachlosenlagern auch Wasserbehälter aufgestellt, da die verdreckten Fluten mit Unrat und Chemikalien verseucht sind. Auch planen die Basisgewerkschafter*innen noch mehr Hygieneprodukte, Medikamente und Zelte liefern zu können. Daher geht die internationale Spendenkampagne für die selbstorganisierte Hilfe vor Ort weiter:

PayPal (in Britischem Pfund)
https://www.paypal.com/pools/c/8NfSnN0RXl

Eine der überfluteten Regionen ist Balutschistan, eine Provinz mit reichhaltigen Rohstoffen, die aber von der islamistischen Staatsführung stark ausgebeutet und vernachlässigt wird. Mit den dortigen Erdgasvorkommen wird zwar das ganze Land beliefert, aber für die Leute gibt es keine Gas- oder Stromversorgung. Die Menschen leiden auch unter starker Repression, denn tausende unliebsame Einwohner*innen sind  „verschwunden“. Sie werden von Sicherheitskräften entführt, hunderte von ihnen wurden später gefoltert und tot aufgefunden.

Um gegen die Misswirtschaft durch die autoritäre Verwaltung in Balutschistan zu protestieren, haben Mitglieder der WSF sogar eine Hauptstaße blockiert und auf die Unterversorgung aufmerksam gemacht. Denn auch einen Monat nach der Flutkatastrophe stehen die Gebäude immernoch unter Wasser und die Regierung hat die Bevölkerung bisher nicht ausreichend versorgt. Daher wird die Basisgewerkschaft mit gegenseitiger Hilfe und direkten Aktionen den Kampf der Menschen für ihre Recht weiter unterstützen.

Mehr Infos:
„Pakistan: Hilfsaktion für Flutopfer“
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/08/28/pakistan-hilfsaktion-fuer-flutopfer/

zwei Männer* sitzen am Boden und verpacken Lebensmittellieferungen in Plastiktüten

Kolumbien: Die Anarchist*innen und die „linke“ Regierung

Auf der Webseite der anarchosyndikalistischen Unión Libertaria Estudiantil y del Trabajo (ULET) in der Region Ruila gibt der Autor Luis A. Rozo eine erste Einschätzung der Lage nach dem Sieg der Linksregierung in Kolumbien.

Dieser sei ein historisches Ereignis für das Land, welches vor allem dem Engagement jenes Großteils der Bevölkerung zu verdanken, der auf eine Veränderung durch Wahlen vertraut. Jahrelange gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Ausgrenzung seien dem vorausgegangen. Die sich abzeichnende soziale Unzufriedenheit letzten Jahr hatte das Establishment zum Zittern gebracht und die Stärke der Bevölkerung gezeigt, für Proteste zu mobilisieren.

Es wird nun unter anderem erwartet, daß die neue Regierung soziale Reformen durchführt, um die Lage der Bevölkerung zu verbessern. Auch erhoffen sich viele, dass die Linksregierung Wege findet, um den bewaffneten Konflikt im Land mit einem „totalen Frieden“ zu beenden. Doch ebenso deutet vieles darauf hin, dass die Regierung infolge des Haushaltsdefizits ihres Vorgängers Iván Duque und angesichts der drohenden Weltwirtschaftskrise ihre geplante Sozialpolitik garnicht umsetzen werden kann. Continue reading Kolumbien: Die Anarchist*innen und die „linke“ Regierung

Anarchosyndikalismus international, Nr.20, Sommer 2022

Newsletter des ASN Köln

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+++ Gewerkschaftsinfos aus aller Welt +++

PAKISTAN: Hilfsaktion für Flutopfer

ÖSTERREICH: Union-Busting beim Cafe Gagarin

ÖSTERREICH: Arbeitskämpfe in Wiener Bäckerei und Cafe

ÖSTERREICH: 1.Mai – Internationalismus in Aktion

INTERNATIONAL: IAA-Erklärung zum Ersten Mai 2022

SPANIEN: Antimilitaristische Demo in Madrid

RUSSLAND: Über prinzipienvergessene„Anarchist*innen“

RUSSLAND: Unterstützung für inhaftierte Kriegsgegner*innen

AUSTRALIEN: Gegen Entlassungen in Sri Lanka

FRANKREICH: Protest am Campingplatz

FRANKREICH: Anarchosyndikalismus und Klimawandel

INTERNATIONAL: 28. IAA-Kongress in Alcoy geplant

+++ LOKALE INFOS +++

GESUNDHEITSSCHUTZ: Arbeitssicherheit bei Hitze und Sonne

Titel: Anarchosyndikalismus international - Nr.20 - Sommer 2022 (ASN Köln)

CreativeCommons: BY-NC (ASN Köln)

Pakistan: Hilfsaktion für Flutopfer

Von den schwersten Überflutungen in der Geschichte der südasiatischen Republik sind etwa 70% der Bevölkerung betroffen. Etwa tausend Menschen starben bereits infolge des seit Juni andauernden Monsunregens und Millionen sind durch das Hochwasser obdachlos geworden.

Während die Masse der verarmten Bevölkerung nichts zu essen und kein Dach über dem Kopf hat, versagt die Regierung bei der Katastrophenhilfe absolut, da die Politiker*innen gegeneinander um die Macht kämpfen.

Zwar ist das islamisch geprägte Land vom Klimawandel stark betroffen, aber niemand spricht dort darüber. Vor allem die Regionen Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa, Punjab und Sindh leiden unter den Überschwemmungen, vor denen Tausende fliehen mussten.

Zwar versuchen Einzelpersonen in dieser schwierigen Zeit Hilfe zu leisten. Auch die Workers‘ Solidarity Federation (WSF-IAA) in Quetta arbeitet Tag und Nacht hart, um die Not der Bevölkerung zu lindern. Mit ihren begrenzten Mitteln bieten die Anarchosyndikalist*innen vor Ort Unterstützung durch Essenslieferungen an.

Essenspakete werden aus einem PWK heraus verteilt (Foto: WSF) Continue reading Pakistan: Hilfsaktion für Flutopfer

Anarchosyndikalismus und Klimawandel

Ein Diskussionsbeitrag aus der CNT-IAA Frankreich

In der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (IAA) wurde zu einer Diskussionsgruppe über die Frage der anarchosyndikalistischen Herangehensweise an das Problem des Klimawandels eingeladen. Hiermit möchte ich den Stand meiner persönlichen Überlegungen beitragen, die jedoch durch den Austausch, die Debatten und die Erfahrungen von gemeinsamen Kämpfen mit den Genossen*innen der CNT-IAA in Frankreich entstanden sind.

Seit über 30 Jahren haben wir, wie viele Sektionen der IAA, an ökologischen Kämpfen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Klimakrise teilgenommen. Unsere Beteiligung an diesen Kämpfen hatte immer einen zweiseitigen Ansatz: Einerseits das Umweltproblem in seinem weltweiten Zusammenhang (Kapitalismus, Staat) anzugehen, aber andererseits auch eine alternative, mehr gleichberechtigte Organisationspraxis durch Vollversammlungen anzustreben… Continue reading Anarchosyndikalismus und Klimawandel

Österreich: Union Busting beim Cafe Gagarin

Das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat berichtet über die aktuellen Entwicklungen im Arbeitskampf beim „Cafe Gagarin“:

Wie der Versuch, im Kapitalismus einen Kollektivbetrieb aufzuziehen, zu  antigewerkschaftlichen Aktionen falsch abgebogen ist

Der angebliche Kollektivbetrieb Cafe Gagarin hat anscheinend ein Händchen dafür, den derzeitigen Arbeitskonflikt mit dem WAS weiter sinnlos zu eskalieren, anstatt unsere ausgestreckte Hand zu ergreifen und Schritte zu einer gütlichen Lösung zu setzen. Dieser Tage versteigen sie sich sogar dazu, von uns eine Löschung aller Informationen und Postings sowie die Einstellung aller Kundgebungen per Anwaltsschreiben zu verlangen. Sollten wir bis zum 26. August diesem Zensurversuch und der Einschränkung der Versammlungsfreiheit nicht entsprechen, wollen sie das WAS gerichtlich klagen und stellen Zitat ‚erheblichen Kosten‘ für uns in den Raum, …

Gut, beginnen wir mit einem Kurzbericht zu diesem fünfseitigen Anwaltsschreiben. Letzte Woche, am 5. August, empfing das WAS dieses per E-Mail, ein eingeschriebener Brief folgt angeblich noch. Ein eigentlich als links einzustufender Anwalt hat in seinem Schreiben offenbar keine Hemmungen, antigewerkschaftlich zu argumentieren. Etliche Unwahrheiten des Gagarins in Bezug auf die arbeitsrechtlichen Zustände dort werden einfach erneut behauptet. Motto ‚alles richtig gemacht‘. Unsere Genossin hätte absolut keinerlei Ansprüche, alles wurde korrekt abgerechnet. Jegliche Mißstände in den Lohn- und Stundenabrechnungen werden negiert. Darüber hinaus wird unsere Geltendmachung der offenen Lohnansprüche (welche wir Ende Juli offiziell an die Geschäftsführung geschickt haben) – entgegen höchstgerichtlicher Entscheidungen – fälschlicherweise für ungültig erklärt.

Als ob das nicht genug wäre, wird zudem eine Zensur unserer Veröffentlichungen zum Gagarin-Arbeitskonflikt gefordert sowie die Unterlassung ’störender Aktionen‘, womit also die Versammlungsfreiheit (für den lustigen Anwalt: diese steht in Verfassungsrang) versucht wird einzuschränken und es wird mit gerichtlichen und somit finanziell aufwendigen Konsequenzen gedroht, falls wir am 26. August nicht alles gelöscht haben.

Zum Leidwesen des Gagarins ist das ganze Anwaltsschreiben rechtlich weitgehend dilettantisch, was wir dem Anwalt auch bereits mitgeteilt haben, und unhaltbar. Beispielsweise wird behauptet, unsere Genossin hätte auf Sonderzahlungen ‚freiwillig verzichtet‘. Hui – das wäre ein Fressen für alle KapitalistInnen in Österreich, wenn man Kollektivverträge mit ‚freiwilligem Verzicht‘ außer Kraft setzen könnte. Rechtlich wäre sowas natürlich sittenwidrig. Diese Episode zeigt aber sehr schön, warum der ganze Gagarin-Konflikt schon prinzipiell notwendig ist und worin die gesamtgesellschaftliche Gefahr besteht.

Darüber hinaus ist der Brief so schlecht, daß er in einigen Bereichen den bisherigen Aussagen des Gagarins widerspricht, und sogar Dinge offenlegt, die recht heftige Unwahrheiten beweisen. Diese Schmankerln heben wir uns aber für den Fall auf, daß tatsächlich jemand so dumm sein sollte, das WAS auf Unterlassungen jedweder Art zu klagen.

Für das WAS ist das ‚Bedrohungspotential‘ des Anwaltsschreibens jedenfalls gegen null gehend. Unorganisierte und unerfahrene ArbeiterInnen könnten sich aber von solchen Worten vermutlich schon einschüchtern lassen.

Der Anwaltsbrief bestärkt jedenfalls unsere Bewertung, daß im Gagarin die Nerven blank liegen und der vermeintliche Kollektivbetrieb inzwischen beim Union Busting, also der Anwendung von Methoden zur Behinderung gewerkschaftlicher Tätigkeit und Organisierung, angelangt ist. Ironie des Schicksals, daß uns dies nach 20-jährigem Wirken in Wien nun von ‚Linken‘ erstmals angedroht wird, oder logische Konsequenz von autonomen Weltbildern? Daher möchten wir jedenfalls an dieser Stelle zwei weitere Vorfälle veröffentlichen, die erste Anzeichen von Union Busting dargestellt haben. […]“

Den ganzen Artikel gibt’s auf dem WAS-Blog:
Gossip Deluxe – oder Gagarin goes Union Busting
https://wiensyndikat.wordpress.com/2022/08/12/gossip-deluxe-oder-gagarin-goes-union-busting/

Mehr Infos dazu:
Österreich: Arbeitskämpfe in Wiener Bäckerei und Cafe
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/05/19/oesterreich-arbeitskaempfe-in-wiener-baeckerei-und-cafe/

Frankreich: Protest am Campingplatz

Unter dem Motto „Keine Ferien für den Kampf!“ fand Anfang August während des Sommercamps der französischen CNT-IAA in Millau eine kleine Protestaktion statt

Die Genoss*innen der spanischen CNT-IAA aus Figueres hatten zuvor von dem aktuellen Arbeitskampf beim Campingplatz von „Yelloh! Village“ in San Miguel de Colera berichtet, welcher zu dem Franchise-Unternehmen „Europe Plein Air“ gehört. Die dortigen Gewerkschafter*innen haben sich dem depotischen Chef widersetzt, der zugleich der langjährige Bürgermeister des Dorfes bei Portbou an der Costa Brava ist. Continue reading Frankreich: Protest am Campingplatz