Das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat (WAS-IAA) hat eine vorläufige Bilanz für das Jahr 2021 gezogen, schaut dabei auf mehrere erfolgreiche Arbeitskämpfe zurück und ruft zur Föderierung in herrschaftsfreien Basisgewerkschaften auf:
“Der letzte gewonnene Arbeitskampf bei Seamox/S3 hat es wieder einmal bestätigt. Die Methoden des Anarchosyndikalismus funktionieren, und sind auch derzeit aktueller den je. Eine Gewerkschaft wie unsere, die auf aktive Mitglieder, anstatt auf Karteileichen baut, kann mit wenigen aber konsequenten Menschen wirklich viel erreichen. Das Sinnieren über unsere bisherigen Kämpfe hat ein paar bemerkenswerte Feststellungen für uns selber gebracht, die wir euch nicht vorenthalten wollen:
- Das WAS hat im letzten Jahr über 40.000,- Euro mit seinen Mitgliedern erkämpft
- Alle Kämpfe unserer direkten Mitglieder wurden gewonnen
- Kämpfe von ‘Externen’, die wir nur unterstützt haben, sind öfter mal versandet
- Es wurde noch kein einziger Arbeitskampf, den wir begonnen haben, verloren
- Wir kommen mittlerweile regelmäßig auf mehrere hundert Mails und Telefonanrufe im Monat
Positive Wahrnehmung, aber wir sind nicht die Feuerwehr
Diese kleine Erfolgsstory macht sich auch dadurch bemerkbar, daß wir immer öfter von Menschen die keine Mitglieder sind, kontaktiert werden, und um Unterstützung oder Rat gebeten werden. Das ist einerseits natürlich erbaulich, wenn man in seiner Tätigkeit als kleine Basis-Gewerkschaft breit wahrgenommen wird. Andererseits hat es einen fahlen Beigeschmack. Wir sind nämlich keine Serviceeinrichtung! Das WAS zu kontaktieren, wenn der Hut brennt und wenn man selber Unterstützung braucht, ist eigentlich zu spät. Organisiert sein würde nämlich heißen, auf solche Situationen vorbereitet zu sein! Unsere Stärke als ArbeiterInnenklasse würde nur dadurch wirklich zum Tragen kommen, indem wir ArbeiterInnen grundsätzlich bereit sind, andere ArbeiterInnen zu unterstützen. Nur wenn wir soweit sind, uns gemeinsam zu organisieren, und der Herrschaft und Ausbeutung unsere Solidarität und kollektiven ‘Aufwand’ entgegenzusetzen, können wir die ökonomischen Verhältnisse ändern. Im alten Denkmuster des Konsumierens zu verharren und nur dann, wenn einem selber das Wasser bis zum Hals steht, beim WAS anzuklopfen, bringt eigentlich nichts um diese Welt zu einer Besseren zu machen!
Anarchosyndikalismus als gesamtgesellschaftliche Perspektive
Aufräumen wollen wir in Zuge dessen auch mit einem weiteren weit verbreiteten Missverständnis. Anarchosyndikalismus hat nicht ausschließlich mit Arbeitsplätzen zu tun. Es geht um die ökonomischen Abhängigkeitsverhältnisse, und unsere Analyse daß revolutionäre Veränderungen nur über die Produktion (und Dienstleistungen) machbar sind. Die „reformistischen“ Siege die wir derzeit erringen, sind eigentlich nur ‘Beiwerk’ und dienen hauptsächlich der Vorbereitung, dem Entwickeln von Organisierung und herrschaftsfreier Gesellschaft. Speziell wollen wir uns auch von der veralteten, aber immer noch existenten Vorstellung des ‘gestählten Industriearbeiter’ – im schlimmsten Fall noch weißer Mann – abgrenzen. Continue reading Österreich: Zwischenbilanz und Aufruf zur Selbstorganisierung