Monthly Archives: March 2021

Murray Bookchins Erbe: Eine syndikalistische Kritik

Am 15.01.2021 jährte sich zum 100. Mal der Geburtstag von Murray Bookchin und vielleicht ist sein Beitrag zu radikaler Politik eine nähere Betrachtung wert:

Bookchin hatte sich in den 1930ern der kommunistischen Jugendbewegung angeschlossen, später jedoch die offiziellen marxistischen Organisationen verlassen und sich dem freiheitlichen Sozialismus zugewendet. Ein zentraler Punkt seiner Politik seit den Sechzigern Jahren bis an sein Lebensende [2006] war die Gegnerschaft zur Ausrichtung auf den Arbeiter*kampf, welcher im Syndikalismus und bei vielen Anarchist*innen – aber auch bei Marxist*innen – im späten 19. Jh. und frühen 20. Jh. im Mittelpunkt stand.

Logo der Workers' Solidarity Federation (WSA)

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Generalstreiks und heftigen Straßenkämpfe von Arbeiter*innen nur noch verblasste Erinnerungen. In den Nachkriegsjahren festigte sich in den Gewerkschaften eine konservative Bürokratie. In der amerikanischen Arbeiter*klasse gab es in den 1960ern keine „kämpferische Minderheit“ mehr aus radikalen Arbeiter*innen, welche seit Anfang des Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs die amerikanischen Betriebe geprägt hatte. Dies führte dazu, dass einige Radikale sich auf die Suche nach einem neuen „Subjekt“ des revolutionären Wandels machten. Und Bookchin stand beispielhaft für diese Denkweise: Continue reading Murray Bookchins Erbe: Eine syndikalistische Kritik

Österreich: Wilder Streik beim Samariterbund Wien

Das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat hat sich solidarisch an einer Kundgebung zum mehrstündigen, “wilden” Warnstreik der Kolleg*innen einer ASB-Notschlafstelle für obdachlose Menschen beteiligt:

Am Mittwoch, 17. März, werden die KollegInnen des Notquartiers Gudrunstraße, eine Einrichtung für obdachlose Menschen des Samariterbunds Wien, ihre Arbeit  niederlegen – und das ohne Unterstützung des ÖGB. Denn ihre Arbeitsbedingungen sind unhaltbar und zudem soll dieses Winterquartier mit Ende April geschlossen werden und die befristeten Arbeitsverhältnisse der ArbeiterInnen werden somit nicht verlängert. […]

Schild mit Aufschrift Continue reading Österreich: Wilder Streik beim Samariterbund Wien

Die IAA und ihre Sektionen verteidigen

Das Sekretariat der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (IAA) hat am 02.03.2021 folgende Erklärung veröffentlicht:

Das Internationale Sekretariat der IAA möchte hiermit öffentlich eine Reihe von Angriffen verurteilen, welche ihre Sektionen in verschiedenen Teilen der Welt seit Jahren erleiden müssen. Wieder einmal sind wir gezwungen unsere internationale Organisation gegen solche Aggressionen zu verteidigen.

In defense of the IWA - a federation since 1922

Es ist schwer zu sagen, wann diese Angriffe begonnen haben, aber wir wagen zu behaupten, dass es 2016 war. Damals waren die spanische CNT und die italienische USI noch IAA-Sektionen haben Stellungnahmen über die Notwendigkeit zu einem „Neubeginn“ der IAA veröffentlicht. Diese Sektionen hatten auf mehreren IAA-Kongressen eine Reihe von Anträgen gestellt, die abgelehnt wurden. Sie schlugen vor, dass einige wenige Sektionen die Mehrheit der Stimmen in der IAA übertragen bekommen sollte, wobei die spanische CNT vorherrschend würde. Und der Zugang zur IAA sollte ausschließlich „großen“ Organisationen vorbehalten sein.

Die vorgeschlagenen Änderungen zur Abstimmung waren gezielt darauf ausgerichtet, um sicherzustellen, dass die drei Sektionen, welche den „Neubeginn“ der IAA herbeiführen wollten, die Organisation kontrollieren könnten. Damit hätte der „Neubeginn“ der IAA nur mit den Stimmen dieser drei größeren Sektionen beschlossen werden können, ohne die Meinungen der Mehrheit der Sektionen zu berücksichtigen. Dabei handelte es sich um die spanische CNT, die italienische USI und die deutsche FAU.

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CNT-IAA: Trotz Wind und Wetter

Wie ein Teil der libertären Bewegung bereits erfahren hat, befindet sich die CNT-IAA seit einigen Jahren im Würgegriff einer Organisation, die sich als anarchosyndikalistisch bezeichnet und sich ebenfalls CNT [Confederación Nacional del Trabajo] nennt.

Diejenigen anarchistischen Einzelpersonen und Gruppierungen, die dem Anarchosyndikalismus emotional nicht nahe stehen, nehmen diese Situation mit Argwohn, Skepsis und sogar einer gewissen Ironie wahr. Sie sehen es für absolut dekadent und lächerlich an, dass es im spanischen Staat zwei CNTs gäbe, die aus einer „Spaltung“ entstanden wären und jetzt unversöhnlich seien. Und die zudem noch einen „Kampf um Abkürzungen“ führen würden, in der beide um die historische Bezeichnung ringen und damit die wirklichen sozialen und politischen Probleme übersehen, mit denen Anarchismus und Anarchosyndikalismus sich beschäftigen sollten.

CNT-AIT sin subvenciones, sin liberados

Wir sehen es jedoch als wichtig an, diese Vorstellung eines angeblichen Kampfes um Abkürzungen zu widerlegen und zu erklären, was im Inneren des Anarchosyndikalismus im spanischen Staat und auf internationaler Ebene vor sich geht. Da wir aber versuchen, die Lesenden nicht mit Details zu belasten, haben wir es vermieden, genauestens alle Übergriffe und den Missbrauch von Statuten und Regelungen, sowie Bedrohungen, Bestechungen und Aggressionen, die in den letzten Jahren begangen wurden aufzulisten. Wir wollen hier nur über die zentralen Fragen sprechen, ohne ins Detail zu gehen. Wir sind uns aber bewusst, dass wir noch daran arbeiten müssen, all diese beschämenden und unerträglichen Verhaltensweisen offenzulegen.

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Spanien: Proteste am Internationalen Frauen*tag

In mehreren Städten haben sich am 08. März 2021 zahlreiche Arbeiterinnen der anarchosyndikalistischen CNT-IAA an kämpferischen Aktionen, Kundgebungen, Streiks und Protesten zum Weltfrauen*tag beteiligt.

So gingen sie u.a. in Alicante, Cartagena, Granada, Madrid, Murcia und Tarragona auf die Straßen, um gegen patriarchale und kapitalistische Ausbeutung und sexistische Unterdrückung zu kämpfen. Solidarische Unterstützung erhielten sie dabei auch von Trans*personen und männlichen Gewerkschaftern.

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Häusliche Gewalt als Thema am Arbeitsplatz

Die britische Solidarity Federation Liverpool (SF-IAA) hat am 17.02.2021 folgenden Text veröffentlicht:

Im Vereinigten Königreich erlebt jede dritte Frau* und 2,5 % aller Männer* in ihrem Leben häusliche Gewalt. Ein Fünftel der berufstätigen Frauen* musste deswegen eine Auszeit nehmen, doch nur 5% aller Arbeitgeber*innen bieten spezielle Maßnahmen, um häusliche Gewalt zu thematisieren und die Mitarbeiter*innen zu unterstützen.
Foto: Vanessa Gor / WikimediaCommons
Momentan wird darüber diskutiert, die entsprechende Gesetzgebung (Domestic Abuse Bill) wegen ihrer Definition von Missbrauch zu überarbeiten. Sie soll nun auch wirtschaftlichen und finanziellen Missbrauch umfassen, um anzuerkennen, dass es den Betroffenen unmöglich ist ihr Geld zu verwalten, solange sie von ihren Missbraucher*innen abhängig sind. Das neue Gesetz mag zwar gut gemeint sein, greift jedoch zu kurz. Wir haben keine Zeit, um auf seine Verabschiedung zu warten. Oder darauf, dass Gelder und Mittel bei den Kommunen ankommen. Eine Auflistung derjenigen, die trotz dieses Gesetzes ungeschützt bleiben, wäre endlos.

Für einige Leute kann eine Flucht aus dem Missbrauch Obdachlosigkeit oder sogar Abschiebung bedeuten. Den Frauen* ohne Zugang zu öffentlichen Fördergeldern (Asylsuchende und Migrant*innen ohne Papiere) wird der Zugang zu Notunterkünften verweigert, wenn sie versuchen ihren Missbraucher*innen zu entfliehen und sie bekommen weder eine Wohnung, noch Hilfsgelder. Die Polizei tauscht zudem alle Informationen über den Migrationsstatus von Opfern mit dem Innenministerium aus, um die Einwanderung zu kontrollieren. Nicht-weiße (black and minority ethnic), migrantische, behinderte, queere (LGBTQIA) und erwerbslose Frauen* sind jetzt und in Zukunft einem höheren Risiko der Vernachlässigung ausgesetzt und werden zudem für ihr Unglück verantwortlich gemacht.

Zudem erschwert eine Mischung aus schlechten Arbeitsbedingungen und Sexismus am Arbeitslatz den Opfern und Überlebenden von Misshandlung den Zugang zu den benötigten Hilfen und Unterstützungsleistungen. Wenn wir also Solidarität am Arbeitsplatz schaffen wollen, so müssen wir uns der Tatsache bewusst sein, dass unsere Kolleg*innen möglicherweise zuhause von Gewalt betroffen sind. Und wir dürfen auch nicht die Anzeichen übersehen, falls ein*e Kolleg*in selbst Missbraucher*in ist. Continue reading Häusliche Gewalt als Thema am Arbeitsplatz