Monthly Archives: August 2024

Spanien: Organisierung bei ALDI

Die CNT-IAA Sierra de Madrid hat Ende Juli verschiedene Supermärkte von ALDI (Nord) in der Sierra de Guadarrama besucht. In den zentralspanischen Orten Cerceda, Villalba, Alpedrete und Guadarrama verteilten sie Flugblätter und Aufkleber an den Discounter-Niederlassungen. Dabei informierten sie die Arbeiter*innen der in Deutschland ansässigen Unternehmensgruppe über die Forderungen ihrer Gewerkschaftskolleg*innen.

Diese berichten über die ständige Verletzung ihrer Arbeitsrechte und beklagen die Zustände in der internationalen Supermarktkette. Aus diesem Grund hat sich eine Gruppe von Arbeiter*innen dort organisiert und der Basisgewerkschaft spanischen CNT-IAA angeschlossen. Denn deren Grundsätze der gegenseitigen Hilfe, Solidarität und direkten Aktion erschien ihnen am erfolgreichsten und konsequentesten im Kampf für die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen.

Die Kolleg*innen bei ALDI beklagen, dass sie Tag für Tag unter Personalmangel, Arbeitsbelastung und Unterbezahlung leiden, während die Firma jährlich Millionengewinne macht. Die Arbeiter*innen berichten, dass ihnen das Einzelhandelsunternehmen nicht einmal die grundlegendsten Rechte gewährt. Sie fordern beispielsweise die Auszahlung oder einen Freizeitausgleich von Überstunden, welche ungerechtfertigt angehäuft werden. Außerdem erwarten sie, dass die Arbeitspläne künftig den vertraglich festgelegten Zeiten entsprechen. Und sie fordern einen wöchentlichen Stundennachweis, der den tatsächlich geleisteten Zeiten entspricht.

Die Gewerkschafter*innen beklagen, dass der Belegschaft durch die bisherige Praxis der Zeiterfassung ein Lohn vorenthalten werde, den sie für ein Leben in Würde dringend benötigen. Dafür sei es nötig, ein Zeiterfassungssystem einzuführen, damit Anfang und Ende der Arbeitstage genau dokumentiert werden. Außerdem fordern sie eine Erhöhung des Grundlohns für alle Kategorien, sowie höhere Zuschläge für Sonntags- und Feiertagsarbeit (plus Fahrtkostenerstattung). Sie kämpfen außerdem dafür, dass die Dienstpläne nicht geändert werden, ohne dass die Betroffenen vorher gefragt werden.

Die CNT-IAA Sierra de Madrid hat bei der Aktion alle ALDI-Mitarbeiter*innen angesprochen, die sie antrafen, und hat ihre Flugblätter in den Betrieben ausgehängt. Alles verlief ohne Zwischenfälle und die Reaktionen der Arbeiter*innen waren positiv, was auch bereits zu neuen Kontakten geführt hat.

In diesem Zusammenhang haben die Gewerkschafter*innen auch auf ihre Kampagne gegen Armut aufmerksam gemacht. Dabei kritisieren sie die mangelhafte Krisenpolitik der Regierung, wie eine minimale Anhebung des branchenübergreifenden Mindestlohns oder die Beihilfe für Erwerbslose, als unzureichende Propagandamaßnahmen.

Denn die Arbeiter*innen in Spanien leiden unter der Inflation und einem allgemeinen Preisanstieg, der vor allem Lebensmittel, Mobilität und Energie verteuert hat. Hinzu kommt ein fortschreitender Sozialabbau im Gesundheitssystem und eine mangelhafte Ausstattung des Bildungswesens. Dadurch wird verhindert, dass Arbeiter*innen und Selbständige ein erfülltes Leben in Ruhe und Würde führen können.

Doch auf die Politiker*innen kann man sich dabei nicht verlassen, denn sie sind für die Aufrechterhaltung des kapitalitischen Systems verantwortlich. Den Wohlstand, den die Arbeiter*klasse hervorbringt, verschwenden sie für die Rettung von Banken, für Kriegsgeschäfte oder zur Unterstützung von Großunternehmen.

Um so wichtiger ist es, dass sich die Lohnabhängigen in den Betrieben organisieren und zum gemeinsamen Widerstand zusammenschließen – auch über Landesgrenzen hinweg, in der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (IAA).

Quellen:
https://www.cntait.org/a-todxs-lxs-trabajadorxs-de-aldi/
https://www.cntait.org/visitamos-varios-supermercados-aldi-para-informar-a-sus-trabajadorxs-sierra-de-madrid/
https://sierrademadrid.cntait.org/contra-carestia-vida/

Britannien: Widerstand gegen rassistische Pogrome

Angesichts der landesweiten rechten Gewalt gegen (vermeindliche) Geflüchtete oder andere von Rassismus betroffene Menschen in zahlreichen Städten des Vereinigten Königreichs, ruft auch die Solidarity Federation (SF-IAA) zu antifaschistischer Organisierung auf:

Die extreme Rechte und Rassist*innen verbreiten in der Arbeiter*klasse überall im Land Lügen über Geflüchtete und Asylsuchende. Sie behaupten, dass diese verantwortlich seien für die problematische Verschlechterung der Lebensbedingungen. Die rechtsextremen und die Medien versuchen mit ihren schmutzigen Tricks der rassistischen Lügen und Propaganda die Arbeiter*innen zu spalten. Doch Migrant*innen haben schon immer hier gearbeitet, vor allem im öffentlichen Gesundheitssystem (NHS) und in anderen Niedriglohnjobs.

Denn Geflüchtete und Asylsuchende aufgrund von Krieg, Verfolgung, Mord, Vergewaltigung und extremer Armut sind gezwungen ihre Länder zu verlassen. Daher haben sie nichts als ihr Kleider dabei und sind die Opfer dieses mieses Systems, das sich nur für die Macht und den Profit der wenigen Reichen interssiert. Übrigens ist Britannien das sechstreichste Land in der Welt und dennoch leben obdachlose und arme Menschen auf der Straße.

Die Arbeiter*innen leiden unter den Lebenshaltungskosten, während die Mächtigen in Wohlstand und Luxus leben. Die Chefs, Vermieter*innen und Regierungen sind unsere Feinde, NICHT die Migrant*innen und Asylsuchenden! Sie werden als Sündenböcke benutzt für Arbeitslosigkeit, sowie den Mangel an Sozialwohnungen und Grundversorgung. Denn das politische und wirtschaftliche System funktioniert nicht, solange du kein Teil der herrschenden Klasse bist!

Die Armut wird uns aufgezwungen, um das System von Niedriglöhnen aufrecht zu erhalten, mit dem ein paar Wenige ihre Profite machen. Die Lage ist schlecht, weil die Lebensgrundlagen einer reichen Minderheit gehören, die uns ausbeutet. Anstatt unsere Bedürfnisse zu befriedigen, dienen sie der herrschenden Klasse. Sie wurden uns gestohlen, um deren Macht und Reichtum zu vergrößern.

Also lasst euch nicht täuschen von den Lügen von Rassist*innen, Rechtsextremen Faschist*innen. Sie machen die schmutzige Arbeit für die Mächtigen, denn es geht nur um Teilen und Herrschen!

Wenn wir Asylsuchende und Migrant*innen beschuldigen und uns untereinander bekämpfen, werden die Reichen reicher und wir werden ärmer! Die Arbeiter*innen sollten zusammenhalten und sich den Rassist*innen und Faschist*innen entgegen stellen, um sie von unseren Straßen zu verjagen. Zeigt Solidarität mit eurer Klasse, mit Streikenden, mit den LGBTQ+, mit Frauen gegen Frauenfeindlichkeit, mit Geflüchteten und Migrant*innen!

Ein Angriff auf Eine*n ist ein Angriff auf Alle!
Organisiert euch!

Liverpool SolFed

Quelle: https://liverpoolsf.noblogs.org/anti-fascism/
Übersetzung: ASN Köln (Creative Commons: BY-NC)


Chinesische Anarchosyndikalist*innen organisieren sich

Die Internationale Arbeiter*innen-Assoziation (IAA, http://iwa-ait.org) konnte Ende Juni auf ihrem Plenum im kolumbianischen Bogota neben Delegierten aus zahlreichen anderen Ländern auch die neu gegründete Initiative Chinesische Anarchosyndikalist*innen (ASC) als Beobachter*innen begrüßen.

Einige Wochen später trafen sich ASC-Mitglieder in der japanischen Stadt Osaka mit Anarchosyndikalist*innen der Örestad lokala samorganisation (OLS), einer Lokalföderation der IAA in Schweden, gemeinsam mit lokalen Anarchist*innen.

Bereits im Oktober 2024 hatte die IAA einen Bericht über die Arbeiter*innen-Bewegung in China veröffentlicht, der von ASC verfasst wurde. Dieser Bericht wurde bereits im März 2023 erstellt und liegt nun auch in einer englischen Fassung vor.

Dort beschreiben die Basisgewerkschafter*innen, dass die von oben verordnete Maßnahmen der chinesischen Regierung Schwierigkeiten habe, die systemischen Probleme zu lösen. Die auf kurzfristige Wirkung ausgerichtete Politik führe zu einer Unterversorgung der Bevölkerung, beispielsweise in der Sozialversicherung und im Gesundheitssystem. Seit einigen Jahren gibt es bei jungen Erwerbstätigen das Phänomen des „Flachliegens“ (Tang Ping), das untätige Entspannung bevorzugt, anstatt von 9 Uhr morgens bis 21 Uhr abends in einer Sechs-Tage-Woche bis zur Erschöpfung schuften zu müssen.

Außerdem berichten sie von Streiks und Sitzblockaden, die sich gegen miese Arbeitsbedingungen in der staatskapitalistischen Diktatur richten. Unter anderem werden Arbeitskämpfe geführt wegen ungezahlter Löhne von migrantischen Lohnabhängigen. Denn entgegen der offiziellen Propaganda, entsteht das chinesische Wirtschaftswachstum auf Kosten der unter prekären Bedingungen ausgebeuteten Arbeiter*innen. Die privatwirtschaftlichen Unternehmen verstoßen dabei regelmäßig gegen verfassungsgemäße Arbeitsrechte, die immer wieder neu erkämpft werden müssen.

Im Zuge eines veränderten Entwicklungsmodells wurde die ökonomische Zusammensetzung in China seit Jahrzehnten von einer exportorientierten Niedriglohn-Produktion in eine digitale Dienstleistungswirtschaft (mit Online-Shopping und Lieferdiensten) verwandelt. Die zunehmende Verstädterung und damit die Auflösung traditioneller Bindungen habe zu einem Anstieg der Arbeitskämpfe geführt – vor allem im Dienstleistungsbereich.

Gleichzeitig zur Auslagerung der Niedriglohn-Fabriken in andere südost-asiatische Staaten, wie Bangladesch, Indonesia, Kambodscha und Vietnam, kam es auch zu einer Verlagerung der Produktionsstätten von den Küstenregionen ins Binnenland. So hat beispielsweise der iPhone-Hersteller Foxconn sein Hauptwerk von Shenzhen nach Zhengzhou verlegt, das nun „Apple City“ genannt wird. Zahlreiche Zeitarbeiter*innen und ein illegales Maß an Überstunden stehen für die prekären Bedingungen der Arbeiter*innen.

Neue Arten der Organisierung von Arbeiter*innen und ihre neuen Widerstandsformen sind durch diese Veränderungen entstanden. Nicht mehr große Belegschaften von Fabrik- oder Minenarbeiter*innen mit dauerhaften Verträgen stehen im Zentrum der Wirtschaft. Die Massenstreiks in Produktionsbetrieben, bei denen die regionalen Politiker*innen von der autoritär-kommunistischen Parteiführung in Peking für das Entstehen von Arbeitskämpfen abgestraft werden, haben seit Jahren nachgelassen.

Durch die staatliche Repression gegen die zivilgesellschaftliche Arbeitsrechtsberatung haben sich die Organisierungsmethoden ins Internet verlagert. Dadurch ist es vielen Arbeiter*innen und ihren Unterstützer*innen in den letzten Jahren möglich geworden landesweite Proteste durchzuführen, obwohl es dabei auch zu zahlreichen Verhaftungen kam. Zugleich entstehen immer mehr unorganisierte Arbeitskämpfe mit spontanen und kurzfristigten Aktionen zu Einzelthemen.

Dabei setzen die Arbeiter*innen meist mehr Hoffnung auf die mediale Öffentlichkeit anstatt mit konkreten Forderungen in direkte Verhandlungen mit Unternehmen oder Behörden zu treten. Doch reine Online-Kampagnen bringen nur selten Erfolge, weshalb die chinesischen Anarchosyndikalist*innen der ASC weiter am Aufbau basisgewerkschaftlicher Strukturen arbeiten.

Kontakt:
https://anarchosyndchina.mystrikingly.com/
https://x.com/AnarchoSynd_CN
AnarchoSyndChina@proton.me

Creative Commons: BY-NC