Frankreich: Volksfront? Nein danke!

Die CNT-IAA Frankreich hat am 25.06.2024 folgenden Aufruf veröffentlicht:

Besetzt die Fabriken, Unternehmen und Krankenhäuser! Besetzt die Universitäten und Hochschulen! Generalstreik!

In der kollektiven und historischen Vorstellung erinnert die Volksfront an zwei Ereignisse, die sich im Sommer 1936 ereigneten: einerseits in Frankreich und andererseits in Spanien. In Frankreich hatte im Juni 1936 eine spontane Streikwelle das Land erfasst, nachdem ein Bündnis verschiedener politischer Parteien von der extremen Linken (Kommunistische Partei, PCF), Sozialdemokrat*innen (Sozialistische Partei, SFIO) und Mitte-Links (Radikale Partei) gesiegt hatte. Und in Spanien begann am 19. Juli 1936 ein Massenaufstand, der von der Bevölkerung und den Anarchist*innen der CNT-IAA initiiert wurde, gegen den faschistischen Putsch von General Franco, der damit auf die Wahl einer Koalition linksradikaler, linker und republikanischer Parteien reagierte.

In Frankreich hatten Millionen Streikende 1936 ihre Fabriken besetzt und nicht auf Anweisungen politischer Parteien gewartet, sondern oft sogar GEGEN die Anweisungen zur Mäßigung durch die politischen Parteien. Damit haben sie ein solches Machtgleichgewicht gegen die Unternehmer*innen und das Bürger*tum geschaffen, daß diese ihnen derart schnell Zugeständnisse gemacht haben, wie noch nie zuvor in der Sozialgeschichte dieses Landes. Aus Furcht, die Streikenden könnten sich weiter radikalisieren und die Revolte könnte zur Revolution werden.

Und es waren die linken Parteien der Volksfront, welche den Schwung der Streikenden unterbrachen, indem sie diese aufforderten, ihre Bewegung zu beenden. So verbreitete der Chefkommunist Maurice Thorez den berühmten Satz: „Man muss wissen, wie man einen Streik beendet“. Dies war nur der erste Verrat der Linken und der Beginn einer langen Serie, die tragisch endete: Die französische Volksfront ließ die spanische Volksfront im Stich, welche schließlich von Francos Truppen zerschlagen wurde, die dabei von Nazi-Deutschland und dem faschistischen Italien unterstützt wurden. Im Jahr 1938 unterzeichnete der radikale Sozialist [Édouard] Daladier die Gesetze über „unerwünschte Ausländer“, welche ein Vorgeschmack auf die migrationsfeindlichen Gesetze des heutigen französischen Innenministers Darmanin waren. Und im Jahr 1940 stimmte dann die Volksfront in der Abgeordnetenkammer mit 569 Stimmen dafür und mit nur 80 Stimmen dagegen, um Marschall Pétain [Vichy-Regime] die volle Machten zu übergeben.(1)

Auch in Spanien erfuhr die Volksfront ein katastrophales Schicksal: Während die von den Anarchist*innen am 19. Juli 1936 begonnene libertäre Revolution unter äußerst widrigen Bedingungen versuchte, eine andere Zukunft frei von Staat und Kapitalismus aufzubauen, warf ihnen die republikanische Regierung immer wieder Knüppel zwischen die Beine. Diese Regierung wurde leider von einigen Anarchist*innen unterstützt, welche daran glaubten, dass die Republikaner*innen ernsthaft den Faschismus aufhalten wollten. Doch viele Republikaner, beginnend mit den Kommunist*innen, zogen leider den Faschismus immernoch dem Anarchismus vor. Und im Mai 1937 fiel die spanische Volksfront dann den anarchistischen Revolutionär*innen der CNT-IAA und den unorthodoxen Kommunist*innen der POUM in den Rücken. Dies war das Ende der Revolution und kurz danach auch die Niederlage der Volksfront gegen den Faschismus.

Die Geschichte soll uns lehren: Wenn die Arbeiter*innen vereint sind und selbständig direkt handeln, ohne den Anweisungen der politischen Parteien zu gehorchen, welche immer im Verrat enden, dann können die Arbeiter*innen und überhaupt die Bevölkerung gemeinsam großartige und herausragende Dinge vollbringen und vielleicht sogar den Himmel erobern. Doch solange die Arbeiter*innen ihre Selbstbestimmung aufgeben und ihr Stimmrecht den Stellvertreter*innen – seien es politische oder gewerkschaftliche – überlassen, wird man sie früher oder später als Kanonenfutter verheizen für Staat und Kapital oder für eine politische Fraktion, die gegen eine andere kämpft.

Ob Armut, Klimawandel, Rassismus und der Aufstieg von Identitäten oder religiösen Ideen, sowie Ungleichheiten aller Art… Ja, wir brauchen wirklich einen radikalen gesellschaftlichen Wandel, einen Bruch mit der herrschenden Ordnung. Denjenigen, welche an der Wahlurne von einer Volksfront träumen, möchten wir vor den bevorstehenden Enttäuschungen warnen:

Wie sollten diese linken Politiker*innen, deren Karikatur [Jean-Luc] Mélenchon ist und die seit 1981 allesamt gescheitert sind, irgendeine Hoffnung darstellen auf einen Bruch mit einem System, das sie wortwörtlich ernährt? Sei es durch ihre Abgeordnetendiäten oder in Form staatlicher Fördergelder für ihre politische Partei oder Gewerkschaft?

Unsere einzige Hoffnung besteht allein in unserer autonomen und horizontalen Selbstorganisation, ohne Anführer*innen, ohne Sprecher*innen, ohne jemanden, der stellvertretend für uns spricht. Daher gilt es, wie zur Zeit der Volksfront, anstatt passiv darauf zu warten, dass irgendein*e Retter*in aus den Abstimmungen erscheint (zumal das Ergebnis wahrscheinlich das der extremen Rechten sein wird), also jetzt und ohne abzuwarten:

Besetzen wir unsere Fabriken, besetzen wir unsere Geschäfte, besetzen wir unsere Krankenhäuser, besetzten wir unsere Schulen und Hochschulen!

Gegen den Faschismus und für das Leben: Generalstreik!

Fußnoten:
1) Mit Ausnahme der kommunistischen Abgeordneten, die verboten worden waren, aber deren Anführer sich 1939 nach dem Hitler-Stalin-Pakt in Moskau angeschlossen hatte bzw. die 1940 die Nazi-Besatzer*innen aufforderten, die Zeitung l’Humanité wieder herauszugeben
2)

Quelle: http://cnt-ait.info/2024/06/25/popular-front/

Übersetzung [und Anm.]: ASN Köln (CC: BY-NC)

„Der Staat unterdrückt uns, die Chefs beuten uns aus, die Politik verrät uns – daher: Organisieren wir den selbstbestimmten Massenwiderstand (CNT-IAA Frankreich)

Siehe auch:
„Frankreich: Gegen Rechtsextreme, Kapital und Staat“,
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2024/07/08/frankreich-gegen-rechtsextreme-kapital-und-staat/

Frankreich: Gegen Rechtsextreme, Kapital und Staat

Vier Organisationen in Frankreich haben einen gemeinsamen Aufruf herausgegeben unter dem Titel: „Gegen die extreme Rechte, gegen den Kapitalismus und den Staat und alle, die herrschen wollen – Kämpfen wir für die freiheitliche Revolution!“. Formuliert haben diesen Appell die französischsprachige Anarchistische Föderation (FAf-IFA, die Organisation Communiste Libertaire (OCL), die Organisation Anarchiste (OA) und die französische CNT-IAA bei einem Treffen am 23.06.2024:

Anlässlich dieses konstruktiven Treffens möchten wir betonen, dass die in Frankreich ansässige anarchistische Bewegung „keine Hoffnung auf den Verlauf von Wahlen hat“.
Obwohl die extreme Rechte dabei ist den Ministerrat zu übernehmen, bleiben unsere Ablehnung von Politik und Wahlen grundsätzliche Positionen des Anarchismus. Die Ablehnung einer „entwerteten Demokratie“ bedeutet die Ablehung der Delegation von Macht…

Die vier Organisationen sprechen sich für die direkte Aktion als logische Konsequenz aus der direkten Demokratie aus. Direkte Aktion, die weder „gewaltsame Handlung“ noch „spektakuläre Aktion“ bedeutet, bevorzugt das Handeln derjenigen, die in erster Linie betroffen sind. Eine Aktion, die organisiert werden kann ohne irgendwelche Stellvertreter*innen und ohne Mandat, also ohne Kontrolle ausgeführt werden.

In den Betrieben, in den Stadtteilen und auf der Straße sind nur diese Aktionen dazu geeignet die Forderungen und die Hoffnungen zu erfüllen. Sie sind in der Lage einen wirklichen und nötigen Bruch mit dem System der tödlichen Herrschaft, in das die gesamte Menschheit verwickelt ist, zu vollziehen.

Gegen die extreme Rechte, gegen den Kapitalismus, gegen den Staat, gegen all jene, die diesen regieren möchten, raten wir, für die freiheitliche Revolution zu arbeiten.

29.06.2024

Quelle: http://cnt-ait.info/2024/07/04/contre-lextreme-droite/

Übersetzung: ASN Köln (CC: BY-NC)

Siehe auch:
„Frankreich: Volksfront? Nein Danke!“
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2024/07/08/frankreich-volksfront-nein-danke/

Kolumbien: IAA-Plenum in Bogota

Die Generalsekretärin der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation berichtet von einer Delegiertenversammlung:

Am 29./30. Juni nahmen mehr als 60 Delegierte und Beobachter*innen aus der IAA an dem Plenum teil, das in Bogotá / Kolumbien stattfand. Außerdem haben sich uns auch chinesische Anarchosyndikalist*innen dazu gesellt, die zur Teilnahme eingeladen worden waren. Wir danken unserer kolumbianischen Sektion ULET für den Riesenaufwand das Plenum zu organisieren, sowie für ihre herzliche Gastfreundlichkeit.

Vor dem Plenum gab es eine öffentliche Diskussion mit Mitgliedern der CNT-IAA Spanien, der ZSP aus Polen und der ULET aus Kolumbien. Das Plenum wurde außerdem von einer Reihe kultureller Veranstaltungen begleitet.

Das Plenum beschäftigte sich mit vielen internen Dingen, wie Verfahrensabläufen und dem Umgang mit Erfolgsmethoden, aber es wurde auch die Organisierung einiger Aktionen und Kampagnen beschlossen. Es wird eine neue Langzeitkampagne gegen Lohnraub geben, zusätzlich zu der „Woche gegen nichtgezahlte Löhne“, welche wir in den letzten Jahren durchgeführt haben. Nächstes Jahr wird es auch eine IAA-Aktionswoche im Mai geben, zu der die Sektionen und Freund*innen eine Bandbreite von Aktivitäten organisieren können.

Es gab viele Diskussionen, darunter auch eine über den Bedarf an Training in Kommunikationssicherheit für alle Genoss*innen und über Sicherheitsvorkehrungen für Genoss*innen, die an Orten mit besonders repressiven Regimen leben. Da die IAA sich verbreitet und Kontakte in neue Gebiete rund um den Globus knüpft, ist dies ein besonders wichtiges Thema.

Abschließend möchten wir noch den Bericht der CNT-IAA Spanien erwähnen, die uns den neuesten Stand der Gerichtsverfahren mitteilte, welche von der spanischen Gewerkschaft der CIT gegen sie geführt werden. Diese Organisation hatte vergeblich versucht, die IAA zu übernehmen und viele Mitgliedsorganisationen ausgeschlossen, sowie später eine andere internationale Vereinigung gegründet. Diese Organisation verklagt nun mehrere Gewerkschaften der CNT-IAA auf insgesamt fast eine Millon Euro. Damit versuchen sie die CNT-IAA bankrott zu machen und diese anarchosyndikalistische Tradition in Spanien zu zerstören. In diesen Anklagen wird unter anderem behauptet, dass Arbeiter*innen, die der sogenannten „CNT“-CIT beitreten wollten, „fälschlicherweise“ der CNT-IAA beitreten würden. Was wirklich lustig wäre, wenn es nicht eine solche Beleidigung der Genoss*innen der CNT-IAA und der Arbeiter*innen allgemein wäre. Als ob unsere Genoss*innen der CNT-IAA nicht wüssten, welcher Organisation sie beigetreten sind und warum.

Sie behaupten, dass die CNT-IAA ihr Wachstum stören würde, was eher ein Kommentar zu der Tatsache ist, dass die CNT-IAA wächst und die „CNT“-CIT vielleicht weniger als sie gedacht hatte. Letztlich behaupten sie, dass die CNT-IAA sich nicht so nennen dürfe, da es die IAA überhaupt nicht geben würde. Dies hat die Genoss*innen der IAA natürlich sehr amüsiert, obwohl das in Wirklichkeit überhaupt nicht lustig ist.

Die Gerichtsverfahren sollen Mitte September verhandelt werden und wir betonen als „nicht existierende“ Genoss*innen die Notwendigkeit unsere Solidarität mit der CNT-IAA zu zeigen. Gegen die rachsüchtigen Verbrechen, denen sie seitens der Gründer*innen der kompromittierten „CNT“-CIT ausgesetzt sind, welche sich damit weit von dem historischen freiheitlichen Standpunkt der CNT-IAA entfernt haben.

Wir bedanken uns bei allen, die an dieser sehr intensiven Arbeit des Plenums teilgenommen haben und besonders bei unseren Gastgeber*innen.

Generalsekretariat der IAA

Österreich: Insolvenz bei Le Firin

Das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat (WAS-IAA) informiert über den aktuellen Stand des seit 2022 andauernden Arbeitskampfes bei der Aufback-Kette „Le Firin“:

Auch zweites Le Firin bald in Konkurs?

Die letzte Neuigkeit in der langen Geschichte unseres Arbeitskampfes gegen die Firma Le Firin läutet möglicherweise sogar das Ende von Le Firin ein. So ist gegen das zweite Firmenkonstrukt des Geschäftsführers von Le Firin ebenfalls ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Aber rekapitulieren wir zunächst die ganze Geschichte.

Sowohl beim alten als auch beim Neuen Le Firin hat der Geschäftsführer fortlaufend Löhne sowie Rechnungen entweder gar nicht oder viel zu spät und nur teilweise bezahlt. Dazu liegen uns mittlerweile unzählige Aussagen von ehemaligen MitarbeiterInnen vor sowie auch ein Berichte, dass die erste Firma mit dem Namen Le Firin, die im Herbst 2023 bankrott gegangen ist, 1,3 Millionen Schulden hatte (was man bei drei Aufbackgeschäften wirklich erst einmal schaffen muss!).

Geht es so nicht weiter, weil die Forderungen auf keinen Fall mehr bezahlbar sind, lässt der Geschäftsführer die Firmen bankrott gehen, wobei die ausstehenden Löhne ohnehin vom Insolvenzentgelt-Fonds übernommen werden (und somit vergesellschaftet werden, siehe unseren letzten Bericht zu dem Thema). Der Geschäftsführer ist hierbei niemals der Eigentümer: offizielle Eigentümer sind immer seine Familienmitglieder, sodass er selbst nie für irgendetwas haftet und auch seine Kreditwürdigkeit nicht beschmutzt wird. Bei der Firma CSC Trade & Gastro e.U., die im Herbst 2023 in Konkurs ging, war seine Frau die Eigentümerin.

Protest vor Le Firin im Oktober 2022 (WAS-IAA)

Bei der Atelier Le Firin GmbH, die jetzt im Insolvenzverfahren ist, ist die Mutter des Geschäftsführers offizielle Eigentümerin. Nachdem das alte Le Firin Firmenkonstrukt pleite war, wurde Le Firin nämlich mit einer neuen Filiale am Rochusmarkt munter weiterbetrieben, einschließlich Verwendung des alten Namens und Logos und öffentlichem Bezug auf die Historie. Auch die Bäckerei-Filiale Ücler am Aumannplatz ist einfach so in die Hände des neuen Le Firin übergegangen, offenbar ohne Abgeltung.

Auch das Arbeitgebermodell Le Firin blieb das gleiche: nicht, oder nur teilweise oder viel zu spät ausgezahlte Löhne, davon haben uns auch MitarbeiterInnen des neuen Le Firin mehrfach berichtet. Zusammen mit möglichen Forderungen von Seiten der Masseverwaltung des ersten Le Firin hinsichtlich Vermögensverschleuderung bezüglich Übertragung der Bäckerei und des Markennamens erscheint uns das nun neue Insolvenzverfahren die logische Konsequenz.

Dabei handelt es sich allerdings um ein Sanierungsverfahren, das heißt, die Firma könnte sogar weiterlaufen, wenn die Gläubiger auf einen Teil der Schulden verzichten. Unabhängig davon, ob das Geschäftsmodell Le Firin weiterlaufen kann, oder ob das das Ende der Marke Le Firin ist, ist eines klar: solange es den Kapitalismus gibt, wird es immer auch weitere Le Firins und entsprechende Geschäftsführer geben. In diesem Sinne: kommt in die anarchistische Gewerkschaft!

Quelle:
https://wiensyndikat.wordpress.com/2024/06/30/update-zu-le-firin/

Polen: Kriegshetze und Klassenkampf

Folgenden Text hat die Basisgewerkschaft ZSP-IAA veröffentlicht:

Aus historischen Gründen besteht in der Bevölkerung eine gewisse Angst vor Russland. Einige Jahre lang war diese Angst unterdrückt worden, obwohl sie stets in der polnischen Verteidigungsstrategie präsent war. Doch seit dem Beginn des aktuellen Ukraine-Krieges hat die militaristische Stimmung dramatisch zugenommen. Ebenso die allgemeine Unterstützung für die Verteidigungsausgaben und eine erhöhte Militarisierung des Landes.

Polen als NATO-Mitglied mit Grenzen zur Ukraine, Russland und Belarus spielte bisher eine aktive Rolle darin, ein aggressiveres Handeln gegenüber Russland (und in geringerem Maße aus gegenüber Belarus) zu fordern. Nicht nur in der Innenpolitik, sondern auch in der Europäischen Union und der NATO.

Die Militärausgaben wurden 2022 und 2023 mehr als verdoppelt und liegen momentan auf ihrem bisher höchsten Stand. Deren prozentuale Anteile des Bruttoinlandsprodukts in Polen lagen 2023 an oberster Stelle der Ausgaben in der EU. Und das Land hat einen der weltweit höchsten Anteile, womit es sogar die Vereinigten Staaten überholt. (Nur die Ukraine, Russland und Israel, sowie Algerien, Sausi-Arabien, Oman und Kuwait haben noch höhere Prozentzahlen für Militärausgaben.)

Die Regierung versucht mit aller Kraft, die Welt davon zu überzeugen, dass Polen ein sehr wohlhabendes Land ist. Indem sie Statistiken manipuliert um aufzuzeigen, dass man hier mit einem unrealistisch niedrigen Einkommensniveau überleben kann. Dabei setzt sie die offizielle Armutsgrenze noch unterhalb dessen an, was man zum Überleben benötigt. Dennoch sind aufgrund der steigenden Preise immer mehr Menschen kaum in der Lage über die Runden zu kommen. Während die Regierung immer mehr Geld in Militärausgaben pumpt und dauernd auf die riesige Bedrohung durch Russland verweiset, werden große Teile der öffentlichen Ausgaben unterfinanziert.

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Pakistan: Erster Kongress der WSF-IAA in Karatschi

In der Hauptstadt der Provinz Sindh fand am 27.04.2024 der erste Kongress der Workers Solidarity Federation statt, die der anarchosyndikalistischen Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (IAA) angeschlossen ist.

In der Metropole Karatschi versammelten sich Delegierte aus dem ganzen Land, darunter Sameera Mirab, Nizhat Raat, Muhammad Mazahir, Gul Naz Mangi, Nadeem Sibtain, Gul Muhammad Mangi, Mohsin Haider, William Sadiq, Babu Laddu, Naeem Sheikh und Ilyas Hussaini.

Auch Amrid Nuzhat Araya (Genosse Tara) war anwesend und hielt eine Ansprache. Er war der Einzige in Pakistan, der an der Staatlichen Universität von Bulgarien einen Abschluss in Wissenschaftlichem Sozialismus erlangt hat. Doch später wurde ihm klar, dass der Marximus nicht funktioniert, weshalb er sich daraufhin dem Anarchismus angeschlossen hat. Seine Teilnahme am Kongress bezeichnete die WSF-IAA als eine „Quelle des Stolzes und der Unabhängigkeit“.

Andere Redebeiträge kamen unter anderem von William Sadiq und Muhammad Mazahir. Über die Veranstaltung wurde auch in der Presse berichtet, beispielsweise in „Halachal, Unity & Sindhu“.

Bereits Ende März hatte die WSF-IAA eine Gedenkveranstaltung organisiert, um an die Hinrichtung der Freiheitskämpfer Bhagat Singh, Shivaram Hari Rajguru und Sukhdev Thapar zu erinnern. Aufgrund ihres bewaffneten Kampfes für die Rechte der Unterdrückten auf dem indischen Subkontinent, sowie der Beteiligung an der sozialistischen Unabhängigkeitsbewegung waren sie von der britischen Besatzungsmacht wegen Beteiligung an einem Attentat zum Tode verurteilt und am 23.03.1931 in Lahore (Punjab) erhängt worden. Von der Bevölkerung in Nordindien wurden sie daraufhin als heldenhafte Märtyrer im Widerstand gegen den britischen Imperialismus verehrt.

Die Workers Solidarity Federation setzt sich für eine Gesellschaft ein, die auf Freiheit, Gegenseitiger Hilfe, Föderalismus und Selbstverwaltung aufbaut. Als Teil des Kampfes für die Rechte der Arbeiter*innen wenden sie sich auch gegen patriarchale Unterdrückung von Frauen* und Transpersonen. Zudem haben sie Flüchtlinge aus Afghanistan unterstützt, die im Nachbarland vor dem islamistischen Terror der Taliban Schutz suchen. Ebenso kämpfen sie für ökologischen Umweltschutz, wobei sie sich auch mit direkten Aktionen für die Opfer der katastrophalen Überschwemmungen einsetzen.

Mehr Infos:
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?s=pakistan

http://cnt-ait.info/category/inter/pakistan/

Creative Commons: BY-NC




Barbarei im Sudan: Ein verzweifelter Hilferuf von sudanenischen Anarchist*innen!

In der letzten Ausgabe ihrer Zeitschrift „Anarchosyndicalisme“ berichtete die französische CNT-IAA über den Aufruf zur Solidarität von Anarchist*innen im Sudan [1], den sie auch auf Deutsch veröffentlicht hat:

Seit am 15. April 2023 ein schrecklicher Krieg zwischen zwei militärischen Fraktionen – den „Rapid Support Forces“ (oder Janjaweed-Milizen) gegen die offizielle Armee – ausgebrochen ist, leben ZivilistInnen aufgrund eines „rücksichtslosen und sinnlosen Konflikts“, der von den Vereinten Nationen in allgemeiner Gleichgültigkeit angeprangert wird, in einem Klima des „puren Terrors“.

Mindestens 15.000 Menschen sind gestorben und mehr als 26.000 wurden verletzt, doch diese Zahlen sind sicherlich zu niedrig angesetzt. Es gibt 11 Millionen Binnenvertriebene, 1,8 Millionen ExilantInnen, 18 Millionen Menschen sind akut vom Hungertod bedroht. 8 Millionen ArbeiterInnen haben ihre Arbeit und ihr Einkommen verloren. 70% der Gebiete haben weder Wasser noch Strom, 75% der Krankenhäuser sind zerstört, 19 Millionen StudentInnen haben ihr Studium abgebrochen, 600 Industriebetriebe wurden zerstört und geplündert, ebenso wie 110 Banken, 65% der Landwirtschaft wurde zerstört, 80% der Betriebsmittel (Düngemittel, Pestizide, Landmaschinen und Erntemaschinen) des Bewässerungsgebiets von Geziera – dem größten der Welt – wurden geplündert und zerstört …

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M.P.T. Acharya: Vom indischen Nationalismus zum Anarchosyndikalismus

Die französische CNT-IAA hat im April 2024 folgenden Text auf Deutsch veröffentlicht:

M.P.T. Acharya wurde am 15. April 1887 in Chennai in eine bhramanischen Familie geboren. Von den ersten Jahren an war er in den nationalistischen Kampf verwickelt. Er gab für seinen Onkel eine nationalistische Zeitschrift heraus. Als die Zeitung von den Kolonialbehörden unterdrückt wurde musste Acharya in das von Frankreich gehaltene Pondicherry fliehen.

Da er sich dort nicht sicher fühlte, verließ er Indien und landete in Frankreich. Er zog bald nach London und schloss sich Indian House mit V.D. Savarkar, Madan Lal Dhingra und anderen indischen Nationalisten an. Als Dhingra 1909 Sir William Hutt Curzon Wyllie ermordete, löste sich Indian House bald auf.

Mandayam Parthasarathi Tirumal Acharya (Quelle: WikimediaCommons; public domain)

1909 kam Acharya zusammen mit einem anderen indischen Revolutionär namens Sukhsagar Dutt in die Riff-Region von Marokko, mit dem Ziel, sich der bewaffneten Rebellion gegen den spanischen Kolonialismus anzuschließen. Doch dieses Abenteuer scheiterte, da die Riff-Rebellen nicht bereit waren, die beiden Inder zu rekrutieren, da sie sie für Spione hielten.

In den folgenden Jahren besuchte er Berlin, München und im November 1911 war er in Konstantinopel, um muslimische Unterstützung im Kampf gegen die Briten zu gewinnen. 1912 zog er nach New York und 1914 nach San Francisco, wo er die tamilische Ausgabe der Parteizeitung von Gadar herausbrachte. Die Gadar Party wurde vor einem Jahr mit Hilfe seines Freundes und IWW-Mitglieds Har Dayal gegründet. Har Dayal hatte Zeit mit Emma Goldman verbracht. Als Dayal 1914 deportiert wurde, weil er ein „Anarchist“ gewesen sei, protestierte Emma und schrieb darüber in der Zeitung „Mother Earth“.

In dieser Zeit sah Acharya das wahre Gesicht der westlichen Demokratien und entfernte sich von der Vorstellung des Nationalstaates. „Um große Städte mit elenden Menschen zu schaffen, die kaum überleben, wollen wir ‚Swaraj`[1] haben?“, fragte er.

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Lasst uns die Arbeitswelt wieder aufrüsten!

Folgender Text erschien Anfang März in der Zeitschrift der CNT-IAA Toulouse:

Die Forderung nach Wiederaufrüstung ist gerade sehr in Mode und wird von den Herrschenden für alles mögliche genutzt: Aufrüstung des Bildungswesens, Aufrüstung der Wirtschaft, demographische und moralische Aufrüstung usw. Man kann also sagen, dass wir in kriegerischen Zeiten leben. Denn wenn der Zeitpunkt kommt, muss jedes Rädchen ins nächste greifen – und darauf sollen wir geistig vorbereitet werden.

Machen wir uns bewusst, dass wir an einem besonderen Wendepunkt stehen: Noch nie war die Gesellschaft durch so viele tödliche Gefahren bedroht: Erderhitzung, Vernichtung der Artenvielfalt, Ausschöpfung der Ressourcen, Umweltbelastung durch Schadstoffe und die drohende Gefahr eines Großkonfliktes. Die Zukunft ist jedoch zumindest ungewiss.

Doch nur die Rüstungsindustrie hat Grund zu feiern! Aber wenn man unserer Regierung Glauben schenkt, gibt es keinen Grund zur Sorge. Es ist eine altbekannte Reaktion, dass ein bevorstehender Zusammenbruch die Führungskräfte eines Unternehmens oder eines Staates dazu veranlasst, immer riskantere und schwierigere Projekte zu starten. Sie hoffen auf ein Wunder, versuchen alles Mögliche und machen es in der Regel nur noch schlimmer – wobei sie die vorhergesagte Katastrophe weiter beschleunigen.

Natürlich haben die Regierungen seit vielen Jahren ihre Maßnahmen auf den Weg gebracht, um diesen Teufelskreis zu überwinden. Doch deren Wirksamkeit ist – gelinde gesagt – zweifelhaft. Die globale Erwärmung beschleunigt sich, die Artenvielfalt stirbt weiter ab, die Vergiftung von Wasser, Boden und Luft nimmt weiter zu. Und es werden bestimmt nicht die letzten Maßnahmen der französischen Regierung gewesen sein, die diesen Trend umkehren sollen. Und um dem Risiko eines drohenden Krieges zu begegnen, haben alle Staaten in massive Aufrüstungsprogramme investiert.

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Klimaaktivismus auf dem Weg in den politischen Sumpf?

Das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat (WAS-IAA) hat folgende Kritik veröffentlicht:

„Wir fahren gemeinsam“ ist eine neue Kampagne von AktivistInnen aus dem Klima-Milieu gemeinsam mit der reformistischen Gewerkschaft vida. Ein Genosse von uns war bei einer öffentlichen Veranstaltung der Kampagne und nicht besonders begeistert. Im Folgenden seine Kritik:

Eine solidarische Kritik zu Beginn eines fragwürdigen Unterfangens des österreichischen Klimaaktivismus

Wir fahren gemeinsam – so das stimmige Motto einer neuen Kampagne zwischen österreichischen Klimaaktivistis und der ÖGB-Öffi-Gewerkschaft vida. Nur mit guten Arbeitsbedingungen gibt es ein gutes Service für die Fahrgäste. Nur mit jungem Personal haben die Öffis eine Zukunft. Es liegt also im Sinne aller Beteiligten, gemeinsam zu kämpfen: für die ganz vorne im Bus und somit auch für alle, die erst bei der Haltstelle einsteigen.

So sehr die Klimaaktivistis mit der WKO in Sachen Autopolitik die richtige Gegnerin gewählt haben, so unklar ist es, wie sehr diesmal die WKO das richtige Ziel sein kann. Zwar freut man sich dem Vernehmen nach, dass die WKO durch die Initiative der Aktivistis floskelhaft die Sozialpartnerschaft bedroht sieht. Aber hier kurz erklärt, wieso die Machtverhältnisse im Öffi-Sektor ganz andere sind und weshalb eine Zusammenarbeit mit der vida nicht besonders aussichtsreich ist.

In der Autobranche herrscht der ganz normale Kapitalismus: Praktisch alle Unternehmen sind vom eigenen Erfolg am Markt abhängig und streben nach maximalem Profit. Zueinander stehen sie entweder in Konkurenz oder in Lieferbeziehungen, doch gemeinsames Anliegen ist, sich von der Gewerkschaft die Profite nicht kaputt machen zu lassen. Und natürlich erwartet man sich von der Politik Unterstützung, dass möglichst viele und teure Autos verkauft werden können. Dafür kann sie die Rahmenbedingungen setzen, in dem sie etwa immer breitere Straßen baut, statt großen Autos die Zulassung zu verweigern. Stichwort: Carpitalismus.

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