Die Internationale Arbeiter*innen-Föderation (IAA) hat erfahren, dass die Genoss*innen William, Sindhu, Zahra, Nasri und Jami (mit ihrer Tochter) von der Workers’ Solidarity Federation in Pakistan festgenommen wurden. Sie befanden sich unter den zahlreichen Protestierenden, die am 13. Oktober während der Polizeigewalt gegen einen Protest in Katatschi inhaftiert wurden. Wir fordern deren sofotige Freilassung!
Die Demonstration fand statt anlässlich der Ermordung von Dr. Shah Nawaz [Kunbhar], dem wegen seiner Social-Media-Beiträge “Gotteslästerung” vorgeworden wurde. Letzten Monat wurde Shahnawaz von der Polizei erschossen. Nach einer Untersuchung des Mordes erklärte der Innenminister Sindh, dass die Polizei “die Begegnung inszeniert hat”, welche zu der Erschießung führte.
Die Regierung [der Islamischen Republik] hatte versucht, den Protest am 13.10. zu verbieten. Dieser richtete sich zudem gegen religiösen Extremismus und daran nahmen auch Gewerkschaften, Menschenrechtsaktivist*innen und Feminist*innen teil. Die Polizei griff die Protestierenden vor dem Presseclub von Karatschi und an anderen Stellen an.
Der Präsident des Presseclubs von Karatschi vertrat die Meinung, dass der Versuch eines Protestverbots dort keine Gültigkeit habe, da es sich bei dem Gelände um einen Veranstaltungsort mit garantierter Redefreiheit handele (“Hyde Park” venue) handelt, wo Proteste nicht verboten werden können. Die Polizeiaufsicht hat anscheinend bestätigt, dass dort kein Protestverbot ausgesprochen werden dürfe.
Mittlerweile befinden sich in der Hauptstadt ausländische Delegeationen anlässlich des Gipfeltreffens der “Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit“. Die Polizeibrutalität könnte ein Versuch gewesen sein, unerwünschte Proteste während des Gipfels gewaltsam zu verhindern.
Die IAA verurteilt das Vorgehen von Regierung, Polizei und religiösen Extremist*innen im Zuge dieser Ereignisse. Wir fodern die sofortige Freilassung der Gefangenen und ein Ende der Polizeirepression, sowie der Verletzung der Menschenrechte!
Da die spanische Mitgliedsgewerkschaft der Internationalen Arbeitskonföderation (ICL-CIT) 17 weitere Prozesse gegen die CNT-AIT eröffnet hat, hier ein paar Infos zu dem Gerichtsverfahren, das am 19.09.2024 gegen die IAA-Sektion in Spanien stattfand (während wir noch auf den offiziellen Bericht warten):
Am 18. September, dem Tag vor dem Verfahren, haben die Anwält*innen der spanischen Mitgliedsgewerkschaft der ICL (die CNT-CIT) zusätzliche 17 Klagen gegen die Gewerkschaften der CNT-AIT in Spanien eingereicht, was zusammen 35 Gerichtsverfahren macht. Diese Fälle sollen am 30. Oktober verhandelt werden, doch ein erstes Urteil wird vorher gefällt werden, weshalb es sehr wahrscheinlich ist, dass diese Entscheidung sich auf die Klagen am 30. Oktober auswirken wird.
Wie immer, fragen wir uns, ob die Mitglieder der CNT-CIT überhaupt eine Entscheidung getroffen haben, die Gerichtsverfahren auszuweiten. Die Einzigen von dieser Organisation, die zur Verhandlung erschienen sind, waren die Anwält*innen und das Generalsekretariat der Organisation. Daher sind es offensichtlich sie, die über die Lage informiert sind. In jedem Fall macht es nur einen kleinen Unterschied aus, ob die Mitglieder dem zugestimmt haben oder nicht: Falls sie es nicht getan haben, so ist das ein Beweis dafür, dass sie nicht nach anarchosyndikalistischen Prinzipien vorgehen. Falls doch, so zeugt das davon, dass sie jeden Sinn für Klassensolidarität verloren haben und nur für das Urheberrecht (“copyright”) und für die Unterdrückung anderer Gewerkschafter*innen kämpfen.
Sogar das Büro der Staatsanwaltschaft hat beschlossen, dass die Klagen schwer übertrieben sind, und hat verfügt, dass die Schadensersatzforderungen von 50.000 Euro auf 5.000 Euro geändert werden. Doch das ist noch kein Sieg, denn es ist immernoch eine Frechheit, von einer Organisation zu verlangen, dass sie nur für das Beibehalten ihrer historischen Tradition Schadensersatz zahlen sollen.
Von dem Gerichtsverfahren gibt es sonst keine weiteren Neuigkeiten und die Situation ist weiterhin ungewiss bis zu einer richterlichen Entscheidung. Wie immer lehnen wir diese Prozesse ebenso ab, wie die Organisation, welche diesen Skandal begonnen hat, um der CNT-AIT aus Rache Schaden zuzufügen. Denn jene ist für uns in der IAA die rechtmäßige Weiterführung der CNT-IAA in Spanien. Im Gegensatz zu den “Erneuerten” (“renovados”), die ihre Organisation in eine autoritäres und legalistisches Zerrbild unserer Ideale verwandelt haben, wobei sie den Staat benutzen, um unsere Genoss*innen zu unterdrücken.
Wie immer, senden wir unsere Solidariät aus allen Teilen der Welt und erwarten weitere Nachrichten.
Wir erwarten jedoch niemals Gerechtigkeit vom Staat, denn was auch immer geschieht: Nichts kann unsere Entschlossenheit brechen, den Kampf in der wahren Tradition des Anarchosyndikalismus weiterzuführen – trotz aller Bemühungen des Standes ihrer Lakaien, uns aufzuhalten!
Generalsekretariat der IAA (Internationale Arbeiter*innen-Assoziation, https://www.iwa-ait.org)
Das “Presse- und Propagandasekretariat der CNT-AIT” hat am 12.09.2024 eine Erklärung zu den Prozessen vor einem nationalen Gericht gegen die anarchosyndikalistische Basisgewerkschaft erklärt. Die spanische Sektion der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (iwa-ait.org) wird u.a. wegen der Verwendung ihres Namens “CNT-AIT” angeklagt:
Am kommenden Donnerstag, dem 19. September, beginnen die Prozesse gegen 16 Gewerkschaften der CNT-AIT (IAA/IWA) als Folge der Forderungen der CNT-CIT (ILC), einer Gewerkschaft, mit der wir bis vor weniger als 10 Jahren eine gemeinsame Organisation bildeten. Wir werden nicht auf die Gründe für diese Situation eingehen, was wir bereits vor 3 Jahren in einem Text mit dem Titel „Against all odds – Contra viento y marea“ getan haben. Heute wollen wir über den Inhalt und die Bedeutung der Klagen informieren und auf einige Fragen hinweisen.
Die Klagen zielen darauf ab, uns (vom Staat) zu zwingen, „den Namen Nationale Konföderation der Arbeit, die Initialen CNT, ihre Erkennungszeichen [Fahnen und Logos] … und ihr Emblem [Herkules kämpft gegen den Löwen von Nemea]“ nicht mehr zu verwenden, mit dem Argument, dass „es sich um nationale Marken handelt“ (beim spanischen Patent- und Markenamt), die im Namen der CNT-CIT eingetragen sind. Sie beschuldigen uns, eine Identität zu verdrängen, die ihnen gehört, und versuchen, ihre potenziellen Mitglieder zu verwirren, indem sie ihr historisches Prestige ausnutzen. Sicher ist nur, dass von den beiden Parteien die CNT-AIT die einzige ist, die immer deutlich gemacht hat, wer sie ist und welcher Internationale sie angehört (der 1922 gegründeten Internationalen Arbeiterassoziation). Bei der CNT-CIT hingegen könnte man fast sagen, dass sie dies absichtlich als Marketingstrategie versteckt. Wer stiftet die Verwirrung? Die Antwort liegt für uns auf der Hand.
Ein weiterer Punkt, der unserer Meinung nach in den Prozessen eine Rolle spielt, ist ihre Absicht, uns gerichtlich daran zu hindern, die Geschehnisse, ihr unerträgliches Verhalten, ihre politischen Manöver und ihre korrupten Praktiken öffentlich zu machen. Sie beabsichtigen, uns zum Schweigen zu bringen, indem sie sich des nationalen Gerichts bedienen, um mit der Kraft des Staates das zu erreichen, was sie aufgrund ihrer fehlenden moralischen Legitimität nicht erreichen konnten. Als ob dies nicht schon beschämend genug wäre, fordern sie von jeder beklagten Gewerkschaft 50.000 Euro (insgesamt 800.000 Euro) für den angeblich entstandenen „moralischen Schaden“, um uns finanziell zu erdrücken.
Es ist klar, dass diese Klage nicht nur darauf abzielt, uns unseren Namen und unsere Identität zu nehmen, sondern uns auch das zu verweigern, was wir in mehr als einem Jahrhundert aufgebaut haben, und uns unter unverschämten Entschädigungszahlungen zu begraben. Das Argument des angeblichen „moralischen Schadens“ ist völlig lächerlich, eine strafende und unehrliche Strategie, um zu erreichen, was sie seit Jahren anstreben. Unser Verschwinden.
Noch einmal und abschließend rufen wir die gesamte Mitgliedschaft der CIT-ILC, die sich für die Aktionen ihrer Komitees schämt, auf, dem ein Ende zu setzen, und die anarchistische Bewegung im Allgemeinen, aus der Passivität herauszukommen und die Äquidistanz aufzugeben.
Salud und soziale Revolution.
Presse- und Propagandasekretariat der CNT-AIT(IAA/IWA)
Das Sekretariat der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (International Workers Association – IWA / Asociación Internacional de Trabajadores – AIT)hat folgenden Beitrag auf ihrer Webseite (iwa-ait.org) veröffentlicht:
Die IAA ist eine internationale revolutionäre Vereinigung von Arbeiter*innen. Sie wurde 1922 in Berlin gegründet und seit mehr als einem Jahrhundert kämpft sie gegen alle Widrigkeiten für die Selbstverwaltung der Arbeiter*innen und für eine freiheitliche Organisation. Aktuell hat sie Organisationen in 21 Ländern und ist auf neue Bereiche des Globus ausgeweitet worden.
Eine der bekanntesten Organisationen in unserer Internationale ist die CNT-AIT in Spanien. Vor einigen Jahren hat es eine Fraktion innerhalb dieser Organisation – unter anderem durch Säuberungswellen – geschafft, de facto die Kontrolle über alle zunehmend zentralisierten Ämter der Organisation zu übernehmen. Sie versuchte außerdem (erfolglos), die Mehrheit der IAA-Sektionen auszuschließen. Und als sie damit keinen Erfolg hatten, versuchten sie einen “Neustart” der IAA hinter verschlossenen Türen mit nur zwei weiteren Sektionen.
Schließlich gründete diese Splittergruppe die Internationale Konföderation der Arbeiter*innen (spanisch: CIT [englisch: ICL]). Diese besteht aus anderen Organisationen mit anderen Praktiken als die Internationale Arbeiter*innen-Assoziation (IAA). Die CNT-AIT bleibt jedoch die spanische Sektion der IAA und verfolgt weiterhin die gleichen Prinzipien, wie die CNT-AIT vor den Versuchen, die Organisation hin zu anderen Grundsätzen zu reformieren.
Eine Sache, die hervorgehoben werden sollte, ist, dass die spanische Sektion der CIT samt ihren Kadern aus professionellen Anwält*innen das exklusive Recht beansprucht auf den Namen CNT und auf das gesamte Vermögen, das jemals der CNT-AIT gehört hat. Diese Organisation hat tatsächlich das IAA-Archiv gestohlen und hält es zu mangelhaften Bedingungen in einem Lagerhaus außerhalb von Toledo unter Verschluss und verweigert jeglichen Zugang.
Sie verklagen sogar mehrere Gewerkschaftsgruppen der CNT-AIT und auch ein libertäres Zentrum auf eine riesige Geldsumme. Die Entscheidung diese Klagen einzureichen hatten deren Anwält*innen getroffen, nicht jedoch die allgemeinen Mitglieder. Dies zeigt, welchen autoritären und hierarchischen Kurs die Gewerkschaft eingeschlagen hat. Diese Gerichtsverfahren werden im September eröffnet werden.
Zu den Sachen, welche diese spanische Organisation behauptet ist, dass die CNT-AIT nicht CNT-AIT genannt werden kann, da es die AIT (spanische Abkürzung für IAA) nicht gebe. Das ist eine wirklich dreiste Lüge, die von der spanischen Organisation der CIT verbreitet wird, da sie ganz genau wissen, dass die IAA existiert und zwar seit über einem Jahrhundert.
Wir vermuten aus den gerichtlichen Unterlagen, dass die skrupellose Band von Anwält*innen versuchen wird, mit Hilfe des Staates ihren Krieg gegen die Anarchosyndikalist*innen in Spanien weiter zu führen, indem sie behaupten, dass die IAA in Spanien nicht rechtlich gemeldet ist. Während ihre Organisation die staatlichen Gesetze befolgt, wozu auch gehört, dem Staat Informationen über ihre eigenen Mitglieder zu liefern.
Der Mangel an Ethik in ihrer Argumentation ist erschreckend. Vor allem angesichts dessen, dass der Name CNT-AIT auch von einer anderen Organisation in der IAA benutzt wird, nämlich der CNT-AIT Frankreich. Viele Flüchtlinge aus der CNT-AIT gingen nach Francos Machtübernahme nach Frankreich und diese Organisation der Genoss*innen in Frankreich hat die IAA jahrelang am Leben erhalten.
Auch unsere Genoss*innen in Frankreich haben einige organisationale Veränderungen durchlebt und heutzutage gibt es 3 Organisationen mit dem Namen CNT in Frankreich. Sie verklagen sich gegenseitig und behaupten, wie die Spanier*innen, dass sie “nicht wachsen könnten”, weil die Arbeiter*innen ihre Organisationen verwechseln würden. Natürlich nicht. Hierbei handelt es ich um eine spezielle Rachsucht gegen unsere spanische Sektion, die CNT-AIT Spanien, weil sie sich geweigert hatte denjenigen Leuten zu folgen, die sich selbst als eine Art Avantgarde ihrer Organisation sehen.
Als IAA stehen wir solidarisch hinter unserer Sektion, der CNT-AIT, in welcher wir die Weiterführung der historischen CNT-AIT in Spanien sehen. Wir möchten zudem unsere Abscheu ausdrücken gegenüber den unverschämten Lügen der spanischen Organisation der ICL (CIT). Diese nutzen den Staat bzw. die staatliche Logik und behaupten, dass wir nicht existieren würden. Das bestätigt uns nur, dass diese Leute einen Bruch mit der libertären Ethik und ihren Zielen vollzogen haben. Und sie haben sich davon so weit entfernt, dass sie gegen jene vorgehen, die diese Ethik und Ziele weiterhin vertreten.
Wir sind die IAA und wir werden nicht weggehen. Wir sind entschlossen, unseren Kampf auf Grundlage der freiheitlichen Werte weiterzuführen und eine starke horizontale Struktur in Spanien beizubehalten, sowie neue Organisationen rund um den Globus aufzubauen.
Die spanische Organisation der ICL (CIT) heult sich bei staatlichen Gerichten aus, dass die Arbeiter*innen ihre Organsation mit der CNT-AIT “verwechseln” würden. Dass sie “sich eigentlich ihnen anschließen wollten, aber stattdessen der CNT-AIT beitreten würden”, was sie an ihrem Wachstum hindern würde. Für wie blöd halten diese Leute eigentlich die Arbeiter*innen? Wir haben solche Bedenken nicht, denn wir gehen davon aus, dass Leute, die der CNT-AIT beitreten, wissen, was dieses ist und wofür diese steht.
Gleichzeitig mit den riesigen Entschädigungsforderungen dieser Abspaltung in Spanien, die bis heute dauernd behauptet, die CNT-AIT sei nur eine kleine unbedeutende Fraktion von Radikalen im Vergleich zu ihrer mächtigen und mitgliederstarken Organisation, zeigen diese bei Gericht erhobenen Klagen wie weit sie mit ihrer scheinheiligen Unterwürfigkeit zu gehen sind. Dabei widersprechen sie ihrer eigenen Erzählung, welche sie seit über einem Jahrzehnt verbreiten.
Wir sind die IAA und wir wissen, wofür wir stehen und wer wofür in Spanien steht. Den staatlichen Gerichte mag die Gewerkschaft nicht gefallen, die in diesem Land für die soziale Revolution steht. Sie mögen vermutlich lieber die verwässerten, gesetzestreuen Schwindler*innen, welche sich letztlich ihrer Autorität beugen werden. Doch unser Sieg bedeutet, unsere Prinzipiel beizubehalten, die uns nie jemand wegnehmen konnte – weder durch Erschießungskommandos, noch durch irgendeine staatliche Repression.
Folgenden Text hat die Basisgewerkschaft ZSP-IAA veröffentlicht:
Aus historischen Gründen besteht in der Bevölkerung eine gewisse Angst vor Russland. Einige Jahre lang war diese Angst unterdrückt worden, obwohl sie stets in der polnischen Verteidigungsstrategie präsent war. Doch seit dem Beginn des aktuellen Ukraine-Krieges hat die militaristische Stimmung dramatisch zugenommen. Ebenso die allgemeine Unterstützung für die Verteidigungsausgaben und eine erhöhte Militarisierung des Landes.
Polen als NATO-Mitglied mit Grenzen zur Ukraine, Russland und Belarus spielte bisher eine aktive Rolle darin, ein aggressiveres Handeln gegenüber Russland (und in geringerem Maße aus gegenüber Belarus) zu fordern. Nicht nur in der Innenpolitik, sondern auch in der Europäischen Union und der NATO.
Die Militärausgaben wurden 2022 und 2023 mehr als verdoppelt und liegen momentan auf ihrem bisher höchsten Stand. Deren prozentuale Anteile des Bruttoinlandsprodukts in Polen lagen 2023 an oberster Stelle der Ausgaben in der EU. Und das Land hat einen der weltweit höchsten Anteile, womit es sogar die Vereinigten Staaten überholt. (Nur die Ukraine, Russland und Israel, sowie Algerien, Sausi-Arabien, Oman und Kuwait haben noch höhere Prozentzahlen für Militärausgaben.)
Die Regierung versucht mit aller Kraft, die Welt davon zu überzeugen, dass Polen ein sehr wohlhabendes Land ist. Indem sie Statistiken manipuliert um aufzuzeigen, dass man hier mit einem unrealistisch niedrigen Einkommensniveau überleben kann. Dabei setzt sie die offizielle Armutsgrenze noch unterhalb dessen an, was man zum Überleben benötigt. Dennoch sind aufgrund der steigenden Preise immer mehr Menschen kaum in der Lage über die Runden zu kommen. Während die Regierung immer mehr Geld in Militärausgaben pumpt und dauernd auf die riesige Bedrohung durch Russland verweiset, werden große Teile der öffentlichen Ausgaben unterfinanziert.
In der letzten Ausgabe ihrer Zeitschrift „Anarchosyndicalisme“ berichtete die französische CNT-IAA über den Aufruf zur Solidarität von Anarchist*innen im Sudan [1], den sie auch auf Deutsch veröffentlicht hat:
Seit am 15. April 2023 ein schrecklicher Krieg zwischen zwei militärischen Fraktionen – den „Rapid Support Forces“ (oder Janjaweed-Milizen) gegen die offizielle Armee – ausgebrochen ist, leben ZivilistInnen aufgrund eines „rücksichtslosen und sinnlosen Konflikts“, der von den Vereinten Nationen in allgemeiner Gleichgültigkeit angeprangert wird, in einem Klima des „puren Terrors“.
Mindestens 15.000 Menschen sind gestorben und mehr als 26.000 wurden verletzt, doch diese Zahlen sind sicherlich zu niedrig angesetzt. Es gibt 11 Millionen Binnenvertriebene, 1,8 Millionen ExilantInnen, 18 Millionen Menschen sind akut vom Hungertod bedroht. 8 Millionen ArbeiterInnen haben ihre Arbeit und ihr Einkommen verloren. 70% der Gebiete haben weder Wasser noch Strom, 75% der Krankenhäuser sind zerstört, 19 Millionen StudentInnen haben ihr Studium abgebrochen, 600 Industriebetriebe wurden zerstört und geplündert, ebenso wie 110 Banken, 65% der Landwirtschaft wurde zerstört, 80% der Betriebsmittel (Düngemittel, Pestizide, Landmaschinen und Erntemaschinen) des Bewässerungsgebiets von Geziera – dem größten der Welt – wurden geplündert und zerstört …
Vor dem Sozialgericht in der spanischen Hauptstadt fand Anfang Februar eine Protestaktion der anarchosyndikalistischen CNT-IAA (SOV Madrid) statt. Sie unterstützten damit ihr Mitglied, den Aktivisten Andrés, dessen Arbeitskampf gegen die Firma Foldeco vor Gericht verhandelt wurde.
Es geht um den Vorwurf der Ausbeutung durch das Unternehmen, welches auch wegen rassistischer Geschäftspraktiken kritisiert wird. Gegen den Zulieferer des schwedischen Möbelhauses IKEA wurde bereits 2023 protestiert und ein internationaler Aufruf veröffentlicht:
“Wir rufen alle Sektionen der IAA und allen internationalen Mitglieder zu Solidarität auf wegen eines Arbeitskampfes zwischen einem unserer Genoss*innen und Foldeco Developement S.L., einer Firma in der er fast drei Jahre gearbeitet hat. Nachdem unser Kollege vom Management des Unternehmens am Arbeitsplatz schikaniert wurde – unter anderem mit fremdenfeindlichen Beleidigungen und sogar körperlicher Aggression – haben wir diesbezügliche Beschwerden eingereicht und rechtliche Schritte eingeleitet. Wir wenden uns mit unseren Aktionen auch gegen deren Hauptkunden, also Komplizen, den multinationalen Konzern IKEA, für den Foldeco Möbelbauteile herstellt.
Ende Juni fand vor dem Würstchen-Lokal Frankfurt’s Bocanegra in der andalusischen Stadt Granada erneut eine Kundgebung der CNT-IAA statt, um gegen die sexuelle Belästigung einer Genossin zu protestieren, welche diese gemeinsam mit dem Syndikat öffentlich anprangert.
An der Kundgebung beteiligten sich auch einige Kolleg*innen der Basisgewerkschaft SAT und der Asamblea Interprofesional, sowie eine Gruppe der Asamblea Feminista Unitaria. Dieses Mal hat sich die Polizei korrekt verhalten (nachdem sie zuvor wegen eines Megaphons den Anmelder auf die Wache mitgenommen hatte) und sie haben sogar ihre Dienstnummern gezeigt.
Die Firma hingegen verbrachte den Nachmittag damit, die Polizei zum Eingreifen aufzufordern. Ein Passant kam auf die Idee von dem Lokal ein Video aufzunehmen und vermutlich dachten sie, er würde zu uns gehören und es ginge um sie, weshalb sie seine Verhaftung forderten. Als eine junge Frau das Lokal betrat, aber wieder herausging, um sich der Kundgebung anzuschließen, verlangte das Unternehmen von der Polizei ihre Identität festzustellen, was diese schließlich auch tat.
Die bewaffneten Polizeikontrollen in den von Armut und Ausgrenzung betroffenen Vorstadt-Siedlungen Frankreichs sind oft willkürlich, meist gewaltsam und erniedrigend, wobei sie mitunter stundenlang dauern können. Nicht selten enden solche Einsätze mit tödlicher Brutalität durch die Staatsgewalt – auch in Deutschland. Die französische CNT-IAA hatte bereits anlässlich der wochenlangen landesweiten Krawalle nach dem Tod zweier Vorstadt-Jugendlicher in Paris-Clichy 2005 einen Text veröffentlicht, der leider an Aktualität nicht verloren hat. Nun hat Ende Juni 2023 erneut ein spektakulärer Fall in unserem Nachbarland zu überregionalen Protesten geführt.
Nachdem bei einer Straßenkontrolle in Paris-Nanterre der Jugendliche Nahel Merzouk von Streifenbeamten erschossen wurde, fanden landesweit wütende Demonstrationen gegen den alltäglichen Rassismus der staatlichen Repressionsorgane statt. In vielen Städten waren diese tagelangen Proteste auch von Feuerwerk, Brandstiftungen und Plünderungen begleitet. Außer in Frankreich gab es auch im Übersee-Département Französisch-Guayana, sowie in Belgien und der Schweiz vereinzelte Straßenschlachten. Hunderte Geschäfte wurden zerstört, Polizeistationen angegriffen und Autos angezündet – die Sachschäden werden auf Dutzende Millionen Euro geschätzt.
Der von der neoliberal-konservativen Regierung Macron hochgerüstete Polizeiapparat reagierte auf die Straßenunruhen wie immer mit Gummigeschossen und Tränengas. Räumpanzer und Wasserwerfer sind im Dauereinsatz – tausende Jugendliche wurden in Gewahrsam genommen. Nun wurde Anfang Juli in Marseille am Rande der Proteste ein 27-jähriger Kurierfahrer von einem Flashball-Geschoss (LBD 40) am Brustkorb getroffen, woraufhin er einen Herzstillstand erlitt und tot neben seinem Roller aufgefunden wurde. Diese angeblich “nicht-tödlichen” Projektile werden von der Polizei bei Sozialprotesten (wie kürzlich gegen die Rentenreform) regelmäßig auch auf Kopfhöhe verschossen, was auch während der Gelbwesten-Unruhen 2019 zu zahlreichen schwer verletzten Demonstrant*innen geführt hatte.
Wer kennt sie nicht, die Wirkungslosigkeit der reformistischen Gewerkschaften? Wie viele „landesweite Aktionstage“ gab es in den letzten zwanzig oder dreißig Jahren? Wie viele Gewerkschaftsspaziergänge durch die Innenstadt – und mit welchem Ergebnis?
Ein Rückschritt folgt dem nächsten! Wenn uns die reformistischen Gewerkschaften Jahr für Jahr an die Wand fahren, so ist das kein Zufall, denn sie haben eigentlich eine ganz bestimmte Aufgabe erfüllen: Die Aufrechterhaltung des “sozialen Friedens”.
Erinnern wir uns daran, dass uns in der Geschichte kein „höheres Wesen” gerettet hat, das es Arbeiter*innen ermögliche, für den Lebensunterhalt zu sorgen. Das Wenige, was wir haben, stammt aus historischen Kämpfen und aus dem Kräfteverhältnis gegenüber Staat und Bürger*tum, wie die Anhebung des [Mindeslohns] SMIG um 30% nach dem Mai ’68.
Und dennoch glauben die reformistischen Gewerkschaftsapparate nach all der historischen Gewalt, welche die Arbeiter*innen erlebten – zuletzt die Gelbwesten, von denen 14 Menschen ein Auge verloren haben – weiterhin an einen Kompromiss mit dem Staat und den Großunternehmen. Vereinzelte Streiks und Gespräche mit Macron – es ist einfach deren bloße Absicht, diese soziale Bewegung zu zerstören.