Category Archives: Antimilitarismus

Polen: Kriegshetze und Klassenkampf

Folgenden Text hat die Basisgewerkschaft ZSP-IAA veröffentlicht:

Aus historischen Gründen besteht in der Bevölkerung eine gewisse Angst vor Russland. Einige Jahre lang war diese Angst unterdrückt worden, obwohl sie stets in der polnischen Verteidigungsstrategie präsent war. Doch seit dem Beginn des aktuellen Ukraine-Krieges hat die militaristische Stimmung dramatisch zugenommen. Ebenso die allgemeine Unterstützung für die Verteidigungsausgaben und eine erhöhte Militarisierung des Landes.

Polen als NATO-Mitglied mit Grenzen zur Ukraine, Russland und Belarus spielte bisher eine aktive Rolle darin, ein aggressiveres Handeln gegenüber Russland (und in geringerem Maße aus gegenüber Belarus) zu fordern. Nicht nur in der Innenpolitik, sondern auch in der Europäischen Union und der NATO.

Die Militärausgaben wurden 2022 und 2023 mehr als verdoppelt und liegen momentan auf ihrem bisher höchsten Stand. Deren prozentuale Anteile des Bruttoinlandsprodukts in Polen lagen 2023 an oberster Stelle der Ausgaben in der EU. Und das Land hat einen der weltweit höchsten Anteile, womit es sogar die Vereinigten Staaten überholt. (Nur die Ukraine, Russland und Israel, sowie Algerien, Sausi-Arabien, Oman und Kuwait haben noch höhere Prozentzahlen für Militärausgaben.)

Die Regierung versucht mit aller Kraft, die Welt davon zu überzeugen, dass Polen ein sehr wohlhabendes Land ist. Indem sie Statistiken manipuliert um aufzuzeigen, dass man hier mit einem unrealistisch niedrigen Einkommensniveau überleben kann. Dabei setzt sie die offizielle Armutsgrenze noch unterhalb dessen an, was man zum Überleben benötigt. Dennoch sind aufgrund der steigenden Preise immer mehr Menschen kaum in der Lage über die Runden zu kommen. Während die Regierung immer mehr Geld in Militärausgaben pumpt und dauernd auf die riesige Bedrohung durch Russland verweiset, werden große Teile der öffentlichen Ausgaben unterfinanziert.

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Barbarei im Sudan: Ein verzweifelter Hilferuf von sudanenischen Anarchist*innen!

In der letzten Ausgabe ihrer Zeitschrift „Anarchosyndicalisme“ berichtete die französische CNT-IAA über den Aufruf zur Solidarität von Anarchist*innen im Sudan [1], den sie auch auf Deutsch veröffentlicht hat:

Seit am 15. April 2023 ein schrecklicher Krieg zwischen zwei militärischen Fraktionen – den „Rapid Support Forces“ (oder Janjaweed-Milizen) gegen die offizielle Armee – ausgebrochen ist, leben ZivilistInnen aufgrund eines „rücksichtslosen und sinnlosen Konflikts“, der von den Vereinten Nationen in allgemeiner Gleichgültigkeit angeprangert wird, in einem Klima des „puren Terrors“.

Mindestens 15.000 Menschen sind gestorben und mehr als 26.000 wurden verletzt, doch diese Zahlen sind sicherlich zu niedrig angesetzt. Es gibt 11 Millionen Binnenvertriebene, 1,8 Millionen ExilantInnen, 18 Millionen Menschen sind akut vom Hungertod bedroht. 8 Millionen ArbeiterInnen haben ihre Arbeit und ihr Einkommen verloren. 70% der Gebiete haben weder Wasser noch Strom, 75% der Krankenhäuser sind zerstört, 19 Millionen StudentInnen haben ihr Studium abgebrochen, 600 Industriebetriebe wurden zerstört und geplündert, ebenso wie 110 Banken, 65% der Landwirtschaft wurde zerstört, 80% der Betriebsmittel (Düngemittel, Pestizide, Landmaschinen und Erntemaschinen) des Bewässerungsgebiets von Geziera – dem größten der Welt – wurden geplündert und zerstört …

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Lasst uns die Arbeitswelt wieder aufrüsten!

Folgender Text erschien Anfang März in der Zeitschrift der CNT-IAA Toulouse:

Die Forderung nach Wiederaufrüstung ist gerade sehr in Mode und wird von den Herrschenden für alles mögliche genutzt: Aufrüstung des Bildungswesens, Aufrüstung der Wirtschaft, demographische und moralische Aufrüstung usw. Man kann also sagen, dass wir in kriegerischen Zeiten leben. Denn wenn der Zeitpunkt kommt, muss jedes Rädchen ins nächste greifen – und darauf sollen wir geistig vorbereitet werden.

Machen wir uns bewusst, dass wir an einem besonderen Wendepunkt stehen: Noch nie war die Gesellschaft durch so viele tödliche Gefahren bedroht: Erderhitzung, Vernichtung der Artenvielfalt, Ausschöpfung der Ressourcen, Umweltbelastung durch Schadstoffe und die drohende Gefahr eines Großkonfliktes. Die Zukunft ist jedoch zumindest ungewiss.

Doch nur die Rüstungsindustrie hat Grund zu feiern! Aber wenn man unserer Regierung Glauben schenkt, gibt es keinen Grund zur Sorge. Es ist eine altbekannte Reaktion, dass ein bevorstehender Zusammenbruch die Führungskräfte eines Unternehmens oder eines Staates dazu veranlasst, immer riskantere und schwierigere Projekte zu starten. Sie hoffen auf ein Wunder, versuchen alles Mögliche und machen es in der Regel nur noch schlimmer – wobei sie die vorhergesagte Katastrophe weiter beschleunigen.

Natürlich haben die Regierungen seit vielen Jahren ihre Maßnahmen auf den Weg gebracht, um diesen Teufelskreis zu überwinden. Doch deren Wirksamkeit ist – gelinde gesagt – zweifelhaft. Die globale Erwärmung beschleunigt sich, die Artenvielfalt stirbt weiter ab, die Vergiftung von Wasser, Boden und Luft nimmt weiter zu. Und es werden bestimmt nicht die letzten Maßnahmen der französischen Regierung gewesen sein, die diesen Trend umkehren sollen. Und um dem Risiko eines drohenden Krieges zu begegnen, haben alle Staaten in massive Aufrüstungsprogramme investiert.

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Burma: Gewerkschaftssolidarität in stürmischen Zeiten

Die Worker Solidarity League of Burma (WSLB) wurde im Jahr 2000 gegründet als eine halb im Untergrund agierende Vereinigung zur Verteidigung der Rechte von Arbeiter*innen angesichts der fortschritenden Industrialisierung des Landes. Und nur eines der Gründungsmitglieder – Ye Naing Win – hat bis heute überlebt.

2012 wurde das Gewerkschaftliche Kooperationskomitee (CCTU) aus 45 Basisgewerkschaften gegründet. Mit dem Ziel diese zu organisieren und in starken Bündnissen zu vereinigen. Die WSBL/CCTU ist aktiv im täglichen Kampf um die Verteidigung und Förderung von Arbeitsrechten, zur zahlenmäßigen Weiterentwicklung der Gewerkschaften, für die Organisierung und Vernetzung mit weiteren Gewerkschaften und zum Aufbau eigener starker Gewerkschaftsföderationen auf kommunaler und nationaler Ebene, sowie nach Sparten.

Nach dem Militärputsch wurde das CCTU durch die Militärregierung des SAC (State Administration Council) verboten und war zahlreichen Repressionen ausgesetzt, wie auch andere Arbeiter*vereinigungen und Gewerkschaften. Unter allen Gewerkschaften und Branchenverbänden hat die WSLB mit ihrer über 20 Jahre langen Geschichte ihren Ruf behalten, sich nur für die Interessen der Arbeiter*klasse und nicht für Parteien einzusetzen.

Unter den Bedingungen von Putsch und Bürger*krieg sind die Gewerkschaften in zwei Lager gespalten – einerseits gibt es Gruppen auf Seiten der Nationalen Einheitsregierung (NUG) und andererseits welche für den Staatsverwaltungsrat (SAC). Die Arbeiter*innen-Solidaritätsliga von Burma (WSLB) kämpft schwer darum, während des Krieges zwischen den politischen Interessen der staatstreuen Parteien das Klasseninteresse zu vertreten. Die hat sich mit der Yangon Initiative der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (IWA-YAS) verbündet, um grenzüberschreitende Solidarität und einen wirklichen Internationalismus der Arbeiter*klasse gemeinsam mit anderen IAA-Mitgliedern aufzubauen.

Nun hat die Liga unter dem Namen der WSLB eine Arbeiter*innen-Konferenz organisiert an der einige Gewerkschaften aus Industriebereichen teilgenommen haben. Das Ziel der Zusammenkunft war, den Kontakt der Gewerkschaften untereinander wieder aufzubauen, sowie den Anarchosyndikalismus vorzustellen. Außerdem wurden aus den verschiedenen Arbeitsbereichen und Sektoren die jeweiligen Themen vorgestellt und diskutiert, aber auch die Arten der Zusammenarbeit und letztlich der Aufbau von Solidarität in der Arbeiter*klasse besprochen.

Der Höhepunkt der Diskussion während des Treffens war der vor Kurzem erfolgreiche Streik bezüglich der Erhöhung des Mindestlohnes. Dieser untere Tageslohn wurde zum 01.10.2023 durch einen Zuschlag von 1.000 MMK (ca. 0,42 EUR) von 4.800 MMK auf 5.800 MMK (ca. 2,54 EUR) angehoben.

Wegen dieser unzureichenden Löhne veruschen junge Arbeiter*innen ins Ausland abzuwandern. Die Inflation und die Erhöhung der Warenpreise haben die Arbeiter*innen dazu gezwungen, ihr Selbstbewusstsein in Frage zu stellen. Darüber hinaus waren während des größten Umsturz-Chaos die Arbeiter*innen nicht nur zwischen zwei Kriegspartien gespalten, sondern die bürgerliche Klasse konnte sie auch auf jede erdenkliche Weise in mehreren Arbeitsbereichen ausbeuten. Denn keine Nachrichten, Medien, Gewerkschaften oder zivilgesellschaftliche Organisation schaute mehr hin.

Das Gute daran ist, dass wir daran glauben, durch gegenseitige Hilfe und Solidarität wird es eine Chance geben, diesen Umsturz zu überleben. Und die arbeitenden Massen werden ihre wahre Stärke und ihre innere Kraft kennen lernen. Sie werden sich gegenseitig inspirieren, selbst voneinander lernen, sich selbst gegenseitig schützen und den bittersüßen Sieg gemeinsam teilen, denn die Solidarität ist ihr Klasseninteresse. Daher war dies eine gute Gelegenheit, sich für das Konzept von direkter Aktion, gegenseitiger Hilfe und Solidarität einzusetzen.

IWA Yangon Initiative

Quelle: https://iwa-yas.org/wslbs-workers-convergence-strength-in-solidarity-during-adverse-times/

Übersetzung: ASN Köln (CC: BY-NC)

Gaza/Israel: Stoppt die Barbarei!

Die französische CNT-IAA hat am 08.10.2023 folgenden Aufruf geschrieben, der in mehrere Sprachen (Chinesisch, Englisch, Esperanto, Russisch) übersetzt wurde:

Erneut hat die Flamme des Krieges die Region Israel/Palästina in Brand gesetzt. Diesmal hat die [islamistische] Hamas die Initiative ergriffen, um Gräueltaten zu begehen. Sie haben dabei nicht alleine gehandelt, denn auch Sturmtrupps der PFLP [Volksfront für die Befreiung Palästinas] haben sich an diesem bewaffneten Angriff beteiligt. Die Bilder sind unerträglich: ermordete Zivilist*innen in den Straßen und in ihren Häusern, sowie die Verschleppung von Geiseln.

Auch wenn die israelische Regierung eine Politik verfolgt, welche sogar von Tamir Prado, dem ehemaligen Direktor des israelischen Geheimdienstes, als Apartheid bezeichnet wurde. So kann das nicht die kaltblütige Ermordung von Zivilist*innen rechtfertigen. Dies ist ebenso verwerflich, wie die Ermordung palästinensischer Zivilist*innen durch die israelische Armee!

Zweifellos wird die Antwort der israelischen Regierung ebenso schrecklich, wie blindwütig sein. Bisher wurden in Gaza bereits Gebäude bombardiert und im gesamten Gebiet die Elektrizität unterbrochen.

Wir können nur unsere größten Sorgen um die zivile Bevölkerung der Region – die palästinensische, ebenso wie die israelische – ausdrücken, welche beide in diesem Konflikt von ihrer jeweiligen Regierungen als Geiseln gehalten werden.

Zumal in den vergangenen Monaten diese Zivilbevölkerungen *gegen* ihre Regierungen und deren tödliche Politik demonstriert hatten: In den letzten Wochen und vor allem nach dem 30. Juli hatten tausende Palästinenser*innen in Gaza gegen das Hamas-Regime protestiert unter dem Motto: „Wir wollen leben!“.

Gleichzeitig waren in Israel wiederholt Zehntausende auf die Straße gegangen, um gegen die Politik der rechten Regierung zu protestieren. Diese konnte die Proteste nicht mehr unter Kontrolle halten und stand kurz vor dem Scheitern.

Die Angriffe der Hamas fanden daher in einem Moment statt als auf beiden Seiten der „Mauer der Schande“[1] tausende Menschen angefangen hatten sich gegen ihre Herrschenden zu organisieren. Die durch die Angriffe begonnene Gewalt wird die Bevölkerungen um ihre korrupten Herrschenden herum vereinigen und die nationalistischen Gefühle stärken, welche sich aus dem Wunsch nach gegenseitiger Rache speisen.

In Gaza ruft die Hamas die gesamte Bevölkerung auf, unter ihrem Banner eine heilige Einheit zu bilden. [Israels Ministerpräsident] Netanjahu hat bereits eine „Regierung der nationalen Einheit“ ausgerufen. Und tausende Reservist*innen, die wochenlang gegen diktatorische Politik Netanjahus gestreikt hatten, haben angekündigt ihre Bewegung aufzulösen!

Dieser Angriff hat auch eine internationale Dimension. Er fand statt nachdem der Anführer der Hamas sich im Juni mit dem iranischen Staatschef Ayatollah Ali Khamenei getroffen hatte. Und während das mit dem Iran verfeindete Saudi-Arabien offizielle Gespräche begonnen hatte, um diplomatische Verbindungen zu Israel aufzunehmen.

Die Hisbollah, der terroristische Handlanger des Iran im Libanon, hat bereits erklärt, dass „der Angriff der Hamas gegen Israel […] eine Nachricht an jeden [ist], der versucht die Verbindungen zu [Israel] zu normalisieren, und um zu zeigen, dass der palästinensische Kampf nicht tot ist.“ 

Nach der der israelischen Bevölkerung sind es nun die Bewohner*innen von Gaza, die den Preis für dieses blutige Spiel zahlen müssen, das die Staaten spielen, um ihre eigene Macht zu festigen.

Nochmals: Jene, die Kriege führen, sind nicht jene, die darin sterben müssen.
Nochmals: Es ist die Zivilbevölkerung von Sderot bis Gaza, die darunter zu leiden hat.

Alle Ideologien, die von den Herrschenden genutzt werden, vor allem Nationalismus und Religion, stützen die mörderische Logik, welche Menschen dazu bringt, sich gegenseitig für den größtmöglichen Profit der Herrschenden dieser Welt umzubringen.

Weder Hamas, noch Kolonisation!
Solange es Staaten gibt, wird es Kriege geben!
Schluss mit allen Armeen, Schluss mit allen Staaten!

Paris, 08. Oktober 2023

CNT-IAA Frankreich

contact@cnt-ait.info

(Diese Erklärung wird unterstützt von der Groupe Anarchiste René Lochu in Vannes)

[(1) umstrittene Sperranlage Israels an der Grenze zu den Palästinenser*gebieten]

Quellen:
http://cnt-ait.info/2023/11/15/stop-the-barbarism/
http://cnt-ait.info/2023/10/09/halte-a-la-barbarie/

Übersetzung [und Anmerkungen]:
Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln (CC: BY-NC)

Russland und Ukraine: Repression gegen Kriegsdienstverweigerer

Die französische CNT-IAA hat folgenden Artikel veröffentlicht, der auf einem Bericht beruht, welcher am 08.04.2023 von der KRAS-IAA veröffentlicht wurden, der russischen Sektion der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation:

In Russland und der Ukraine gibt es vermehrt Repressionen gegen diejenigen, welche nicht für die Pläne der Herrschenden oder der Kapitalist*innen kämpfen und sterben wollen. Bei russischen Gerichten wurden bereits mehr als 500 Strafverfahren gegen Soldaten eingereicht, wobei diese eingeleitet wurden, nachdem das Gesetz zu Beginn der Mobilmachung verschärft wurde. In der Ukraine wurden in tausenden Fällen Verfahren eingeleitet wegen unbefugtem Verlassen von Militäreinheiten, Desertion und Befehlsverweigerung gegenüber Kommandanten usw.

 „Mediazona“ [ein unabhängiges russisches Medienunternehmen] untersucht strafrechtliche Angelegenheiten gegen Militärangehörige in Russland untersucht und berichtet, dass sowohl freiwillige, wie auch eingezogene Soldaten fliehen und verschwinden, indem sie sich direkt weigern, dem Befehl zu gehorchen in die Ukraine geschickt zu werden, oder indem sie von der Front desertieren.


Bei den Militärgerichten wurden bereits 536 Fälle im Rahmen der neuen verschärften Strafverfolgungsgesetze zur Anklage gebracht: unerlaubtes Entfernen von der Einheit, Befehlsverweigerung, Fahnenflucht und anderes. 247 Soldaten wurden bereits verurteilt. Es gibt jeden Monat immer mehr Fälle; noch vor Ende März 2023 gab er bereits einen Höchstrekord. Die häufigste Anklage ist das unbefugte Verlassen der Militäreinheit mit 471 vor Gericht gebrachten Rechtsverfahren; in mehr als der Hälfte der Fälle waren die Soldaten über einen Monat lang abwesend (249 Fälle).

Am 21. März wurden 14 Personen wegen Desertion angeklagt und 21 wegen Gewaltanwendung gegen einen Kommandanten oder Offizier. Die meisten Strafsachen wurden vor Gerichten in der Region Moskau (40), Kaliningrad (27), Samara (23) und der Region Rostow verhandelt.

Die Prozesse von Verweigerern und Fahnenflüchtigen werden in der Öffentlichkeit als Schauprozesse präsentiert, um andere Soldaten einzuschüchtern: Die Rekruten werden von anderen Soldaten verurteilt, degradiert und verhaftet. Die Urteile werden in militärischen Einheiten verkündet und die Richter halten „prophylaktische (vorbeugende) Vorträge“.

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Anarchist*innen in der Ukraine widerstehen Krieg und Frost

Die CNT-IAA Toulouse berichtet in ihrer Zeitschrift „Anarchosyndicalisme!“ (Nr 179, Nov-Dez 2022) über die Unterstützungskampagne der Initiative „Olga Taratuta“ für ukrainische Anarchist*innen:

Solidaritätskampagne geht weiter

Die Unterstützungskampagne für die Anarchist*innen in der Ukraine, welche von der Solidaritätsinitiative „Olga Taratuta“ gestartet wurde, wird fortgesetzt. Eine erste Welle von Spenden konnte bisher 900 Euro zusammentragen, die den Genoss*innen von „Assembleia“ Mitte November übergeben wurde. Diese ermöglichte es ihnen, eine Heizung einzurichten, um den eisigen Winter zu überstehen.

„Liebe Genoss*innen, eure Solidarität kam genau zur rechten Zeit. Die Sicherheitslage hier ist überall relativ. Heute wurde wieder ein massiver Raketenangriff als Reaktion auf die Rückeroberung der Stadt Cherson erwartet, aber bisher ist nichts passiert. Erst letzte Nacht landeten mehrere Raketen im Industriegebiet am östlichen Stadtrand…

Und die Stromausfälle werden immer länger. Gestern gab es zwar keine Anschläge in unserer Stadt, aber nachdem andere Regionen bombardiert wurden, sind Licht und Heizung ausgefallen, wie durch eine Kettenreaktion. Und die Kraftwerke haben nicht genug Zeit zum Reparieren.“

Solidaritätsspenden sind also immer nötig, um auch andere Häuser mit Heizungen auszustatten und den nötigen Brennstoff zu kaufen.

Assembleia [Ассамблея] ist ein anarchistisches Online-Medium aus Charkow in der Ukraine (https://assembly.org.ua). Seit der Invasion durch die Armee der Russischen Föderation halten diese Genoss*innen unter dramatischen Umständen das Banner des Anarchismus und des Internationalismus aufrecht.

Im Bombenhagel der Russischen Föderation beteiligen sie sich an Solidaritätsaktionen der Bevölkerung und des zivilen Widerstands, ohne jedoch die ukrainische Regierung zu unterstützen. Im Gegenteil, sie bleiben bei ihrer kritischen Haltung gegenüber dem ukrainischen Staat und seinen Herrschaftsinstitutionen (vom Präsidenten bis zur lokalen Ebene) aufrecht und entlarven, wie die nationalen Kriegsgewinner*innen die Regierung bestechen.

Assembleia informiert weiterhin die Arbeiter*innen und kritisiert lokale Arbeitgeber*innen, welche die Situation ausnutzen, um diese noch mehr auszubeuten. Assembleia hält dabei an anarchistischen, anti-staatlichen und anti-militaristischen Gundsätzen fest, während die meisten „anarchistischen“ Individuen und Gruppen in der Ukraine seit Beginn der Invasion alle Prinzipien über Bord geworfen haben.

Aufgrund der Zerstörung von lebenswichtigen Infrastrukturen durch die russische Armee wird es den Genoss*innen sicherlich an Heizmöglichkeiten mangeln, da der Winter in dieser Weltregion in der Regel besonders hart ist. Die Energiekrise, die auch viele von uns betrifft, wird sich dort noch dramatischer auswirken. Deshalb rufen wir dringend zur Solidarität mit den Genoss*innen von Assembleia auf, um ihnen beim Herannahen des Winters zu helfen:

– ihr könnt direkt zu deren Spendenplatform gehen:
https://www.globalgiving.org/projects/mutual-aid-alert-for-east-ukraine/

– ihr könnt aber auch Schecks in Euro schicken an die CNT-IAA schicken (mit Verwendungszweck „Solidarité Ukraine“ auf der Rückseite): CNT-AIT, 7 rue St Rémésy, F-31000 TOULOUSE

– Ihr könnt schließlich eine Banküberweisung (in Euro) auf folgendes Konto vornehmen (und uns bitte per E-Mail an contact@solidarité.online informieren):
IBAN : FR81 2004 1010 1603 1175 7H03 7 45,
BIC: PSSTFRPPTOU, Bank: Banque Postale,
Kontoinhaber*in: CNT-AIT

Genoss*innen der Initiative „Olga Taratuta“,
http://nowar.solidarite.online/blog, contact@solidarite.online

Quelle: https://cntaittoulouse.lautre.net/IMG/pdf/anarcho179.pdf

Siehe auch:
„WINTER IS COMING, HELP THE ANARCHISTS IN UKRAINE TO RESIST WAR AND COLD!“
https://nowar.solidarite.online/blog/winter-is-coming-help-the-anarchists-in-ukraine-to-resist-war-and-cold

Hintergrundinfos zum Krieg in der Ukraine:
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?s=ukraine

Russland: Spontaner Massenwiderstand gegen Mobilmachung

Folgende Informationen hat die französische Solidaritätsinitiative „Olga Taratuta“ auf Grundlage von Berichten der russischen KRAS-IAA zusammengestellt:

Wir haben zuvor über den Widerstand der ukrainischen Bevölkerung gegen die Mobilmachung zum russisch-ukrainischen imperialistischen Militärkonflikt berichtet, welche in weiten Teilen der Bevölkerung zu schlaflosen Nächten geführt hat, sowie die Flucht der Wehrpflichtigen und die Ansprache der zum Militärdienst erfasssten Personen und ihrer Familien usw. Nachdem der Kreml am 21.09. angekündigt hatte, dass sie zur Armee eingezogen werden sollen, brachen in Russland zahlreiche ähnliche Protestdemonstrationen aus. Viele Menschen wollen nicht für das Machtstreben und die Gewinne der herrschenden Klasse töten oder getötet werden.

Die häufigste Reaktion der russischen Bürger war die Flucht ins Ausland. Bereits in den ersten vier Tagen haben mehr als 260.000 Männer das Land verlassen. Riesige Warteschlangen bildeten sich an den Grenzübergängen. Die Bewohner*innen Russlands profitieren von der Tatsache, dass es (im Gegensatz zur Situation der Wehrpflichtigen in der Ukraine) noch nicht verboten ist, ins Ausland zu reisen. Obwohl die Grenzbehörden offenbar versuchen, ihnen alle möglichen Hindernisse in den Weg zu legen und ihnen vor dem Grenzübertritt noch die Einberufungsbefehle auszuhändigen.

Darüber hinaus haben sich die Staaten (auch die gegeneinander Krieg führen) sehr schnell darauf geeinigt, dass Kriegsdienstverweigerer*innen und Deserteur*innen in jedem Land als gefährliche und potenziell subversive Elemente angesehen werden. Auch die EU-Kommissarin für Migration, Inneres und Bürgerschaft, Ylva Johansson hat sich in diesem Sinne geäußert. Die baltischen Staaten haben offen angekündigt, dass sie die russischen Bürger*innen, die sich der Einberufung entziehen wollen, nicht in ihr Land einreisen lassen werden.

Um die massenhafte Flucht vor Mobilmachung und Dienstverpflichtung zu verhindern, verstärken die russischen Behörden die repressiven Gesetze weiter. Es wurden Änderungen des Strafgesetzbuches vorgenommen, wonach man jetzt bis zu 10 Jahre Gefängnis riskiert, wenn man eine Armee-Einheit verlässt oder sich nicht zum Militärdienst meldet und während des Kriegsrechts dem Befehl des Kommandanten nicht Folge leistet. Überall wird den Leuten die Einberufung zugestellt, sogar auf öffentlichen Plätzen.

Als direkte Reaktion auf die Ankündigung der Mobilmachung brachen in Russland Demonstrationen, Versammlungen und andere Proteste in einer ungeahnten Größenordnung aus. Solche Aktionen waren seit dem Frühling nicht mehr zu sehen gewesen, bevor sie von heftiger Repression zerschlagen worden waren.

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