Die Solidarity Federation (SF-IAA) aus Brighton solidarisiert sich ein einer Erklärung mit dem aktuellen Streik bei bei der Eisenbahn. Mit Teilnahme an Streikposten und der Organisierung eines Solidaritätskonzertes hat die britische Basisgewerkschaft den Arbeitskampf der Zugbegleiter*innen und Lokführer*innen praktisch unterstützt – jenseits von Branchen- und Organisationszugehörigkeit.
Der Ausstand bei der Eisenbahn, der von den zentralistischen Gewerkschaften RMT und ASLEF organisiert wird, gilt bereits als der größte seit Jahrzehnten. Doch es geht nicht nur darum, wer auf die Knöpfchen dücken darf, sondern die Zugbegleiter*innen sollen abgeschafft werden. Die Lokführer*innen sollen anstatt eine Minipause von 40 Sekunden in jedem Bahnhof zu machen, auch noch zusätzlich die Fahrkarten der einsteigenden Fahrgäste kontrollieren. Das wird sich vor allem auf die Fahrsicherheit in dem ohnehin stressigen Beruf auswirken. Auch über mangelnde visuelle Kontrolle beschweren sich die Streikenden beim Arbeitgeber GTR (Govia Thameslink Railway).
Das Unternehmen hatte die privatisierten Linien Gatwick Express, Great Northern, Southern und Thameslink aufgekauft und möchte nun die Arbeits- und Servicebedingungen massiv verschlechtern. Angesichts des jüngsten Zugunglücks in Watford steht jedoch die dringend benötigte Arbeit der Zugbegleiter*innen als ausgebildete Notfallhelfer*innen in den überfüllten Zügen außer Frage.
Auch sind die Fahrgäste mit Behinderungen von den Sparplänen des Unternehmen direkt betroffen, denn sie bekommen keine Garantie mehr für Hilfe beim Umsteigen, wenn sie dies nicht 24 Stunden im Voraus gebucht haben. Und auch jene, die sich während der Fahrt ungeschützt fühlen, haben dann auch keine Ansprechperson im Zugabteil mehr.
Doch anstatt auf die konkreten Forderungen einzugehen, werden die Bahnarbeiter*innen nun in der Öffentlichkeit als modernisierungsfeindlich dargestellt. Klar gibt es Züge, bei denen nur eine Person an Bord ist, zum Beispiel Straßenbahnen oder Frachtzüge. Doch die nun geplanten Personaleinsparungen bei GTR sind rein gewinnorientiert und haben nichts mit einer sinnvollen Weiterentwicklung in der Transportbranche zu tun.
Auf Kosten der Allgemeinheit sollen die Aktienanteile des Bahnunternehmens steigen und die Arbeitsleistung für die Kolleg*innen erhöht werden – bei gleichzeitiger Verschlechterung von Service und Fahrsicherheit. Lohnausgaben sollen gekürzt und Arbeitsplätze eingespart werden. Dabei hat die Firma eine Sonderstellung auf dem Markt, da sie über Verträge mit der Regierung Geld dafür bekommen, die ehemaligen Staatsbahnen zu betreiben, während die Fahrkarteneinnahmen zurück an den Staat gehen.
Daher hat GTR überhaupt kein wirtschaftliches Interesse daran, dass der Bahnbetrieb sicher und ohne Verspätungen funktioniert, denn die öffentlichen Gelder für die Aufrechterhaltung der Zugverbindungen stecken sie in die eigenen Taschen, ohne ernsthaft etwas in die Infrastruktur zu investieren.
Nachdem die Gewerkschaften sich bereits im September auf eine vertragliche Regelung geeinigt hatten, wurde der Tarifabschluss von der Regierung verhindert. Außerdem haben sie das Gefühl, dass GTR nicht wirklich mit ihnen verhandeln würde, sondern einfach versucht die Unternehmenspläne durchzusetzen. Daher haben nun die Streikenden ihren Arbeitskampf etwas kämpferischer gestaltet, um die Arbeitgeber*innen mittels direkten Aktionen zu Zugeständnissen zu bewegen.
Und dabei geht es nicht nur um ihre Interessen als Berufsgruppe, es geht auch um Solidarität unter Arbeiter*innen, aber auch um die berechtigten Interessen der Allgemeinheit, die dieser Ausstand durchzusetzen versucht. Dass das weder der Regierung, noch den Kapitaleigentümer*innen recht ist, sollte Mut machen zum Weiterkämpfen.
Ältere Berichte zu Arbeitskämpfen von Bahnarbeiter*innen:
„Köln: Solidarität mit dem Bahnstreik der GDL“ (2015)
„Bulgarien: Proteste gegen die Bahnreform“ (2015)
CreativeCommons (BY-NC): anarchosyndikalismus.blogsport.de