Die Basisgewerkschaft „Związek Syndykalistów Polski“ berichtet über einen aktuellen Arbeitskampf im polnischen Gesundheitswesen:
Die Coronavirus-Pandemie hat vielen Menschen die Augen dafür geöffnet, dass einige gesellschaftlich äußerst wichtige Berufe ein sehr geringes Ansehen genießen. Im Laufe der Jahre sind einige Gesundheitsberufe systematisch abgewertet worden, und die Arbeiter*innen haben unter den Folgen davon zu leiden. Von allem Lohnabhängige in Krankenhäusern waren diejenigen Arbeiter*innen am schlechtesten dran, deren Leistung für das Funktionieren der Kliniken absolut unerlässlich ist.
Die meisten dieser Arbeiter*innen wurden durch Outsourcing an Firmen ausgelagert, welche für die Umgehung von Arbeitsgesetzen und die Verletzung von Arbeitsrechten bekannt sind. Trotz der äußerst prekären Bedingungen, in denen sie sich befinden, machen manche dieser Arbeiter*innen ihre Rechte geltend. Eine solche Initiative wurde jetzt in Jaworzno ins Leben gerufen.
In dem Multidisziplinären Krankenhaus in Jaworzno, eine „Unabhängige Einrichtung des öffentlichen Gesundheitswesens“, hat die Firma Impel Cleaning einen Auftrag für Reinigungsdienstleistungen erhalten. Eine Managerin dieser Firma ist vor Ort und stellt die Arbeiter*innen ein, obwohl viele von ihnen garnicht für Impel arbeiten. Denn diese Firma hat ihre Mitarbeiter*innen wiederum an andere „Stroh“-Firmen auslagert.
Viele Raumpfleger*innen erhalten daher Aufträge von mehreren Unternehmen, so dass die Arbeitgeber*innen dadurch die Zahlung von Überstundenzuschlägen vermeiden. Und sie können Menschen mit Behinderungen zu Überstunden heranziehen, was gesetzlich nicht zulässig ist. Einige weibliche Mitarbeiter*innen arbeiten auf der Grundlage von Arbeitsverträgen, doch andere haben nur Werkverträge bekommen, obwohl sie die gleiche Arbeit leisten, wie Vollzeitbeschäftigte.
Eines der Unternehmen, die Reinigungskräfte einstellt, heißt Pureza und ist eine Firma der Impel-Kapitalgruppe. Andere Unternehmen haben mit Impel Verträge abgeschlossen, was dazu führt, dass die Frauen für ihre Überstunden nicht angemessen bezahlt werden. Sie erhalten entweder gar nichts oder die Stunden werden von anderen Unternehmen zum normalen Tarif abgerechnet. Die Arbeitserfassung wird von der Betriebsleitung nicht ordnungsgemäß geführt, da die Kolleg*innen ihre Stunden selbst auf einer Karte eintragen, welche jedoch keine Angaben zum Arbeitgeber enthält. Sie schreiben daher „Impel“ auf diese Karte, unabhängig davon, wer formell ihr „Arbeitgeber“ ist, doch die Gegenseite unterschreibt nie etwas. Und obwohl sie für Nachtschichten ein „N“ hinschreiben, werden sie nicht nach dem Nachtschichttarif entlohnt.
Doch die Vertreter*innen all dieser Unternehmen, welche die Arbeiter*innen angeblich „beschäftigen“, haben noch nie einen Fuß in das Krankenhaus gesetzt. Denn die Verträge, welche im Namen verschiedener „Stroh“-Firmen abgeschlossen wurden, sind nämlich von ein und demselben Manager ausgehändigt worden.
Es gibt also mehrere Unternehmen, welche offiziell diese Frauen beschäftigen, aber das Krankenhaus stellt auch selbst Arbeiter*innen ein, die von ihm direkt bezahlt werden. So gibt es in den gynäkologischen Abteilungen und im Operationssaal Personal, das mit dem Krankenhaus selbst Verträge abgeschlossen hat, weshalb die Arbeitsbedingungen in der Klinik nicht für alle gleich sind. Obwohl sie im Grunde genommen die gleiche Arbeit verrichten, haben einige Arbeiter*innen normale Arbeitsverträge mit dem Krankenhaus bekommen, während andere ihre Verträge mit verschiedenen polnischen Unternehmen abgeschlossen haben, darunter auch sogenannte „Schrottverträge“ [Schein-Werkverträge ohne garantiertes Stundenentgelt].
Diejenigen, die auf dieser Grundlage tätig werden, verlieren natürlich viel. Sie werden nicht unbedingt über ihr Recht auf Zahlung freiwilliger Krankenversicherungsbeiträge informiert und sie erhalten keinen bezahlten Urlaub. Aber auch einige derjenigen mit Verträgen berichten, dass ihnen ihr Urlaub einfach weggenommen wurde: Ohne irgendeine Vereinbarung zwischen den Parteien haben ihre Vorgesetzten letztes Jahr die Anzahl der Urlaubstage verkürzt und durch Zahlung von Zuschlägen ersetzt.
Niemand fragte die Arbeiter*innen vorher, ob sie ihre Urlaubstage vielleicht nutzen möchten. Es gab keine Diskussion darüber und die Urlaubstage fielen einfach weg. Vor allem nach der harten Arbeit mit Überstunden während der Covid-Pandemie reagierten einige Arbeiter*innen sehr ungehalten darauf, dass ihnen ihre Urlaubstage gestrichen wurden.
Ein weiteres Problem durch Covid ist, dass zwar alle die sogenannte Corona-Zulage erhalten sollten (d. h. eine einmalige Leistung für die Arbeit bei Seuchengefahr), aber nur ein Teil der weiblichen Arbeiter*innen haben diese Zulage tatsächlich erhalten. Einige wurden nichtmal darüber informiert, warum sie nichts erhalten haben, und anderen wurde nur gesagt, dass sie nix bekommen werden.
Eine weitere Leistung, die ohne jede Erklärung einfach nicht bezahlt wurde, ist der Zuschuss für Menschen mit einer Behinderung. Früher erhielten alle Berechtigten eine Zulage von 78 Złoty [ca. 17 Euro], aber seit Impel den Vertrag übernommen hat, gibt es diese Zulagen nicht mehr. Dies ist leider ein häufiges Problem in solchen Unternehmen, da die Arbeitgeber*innen die Zuschüsse vom PFRON [Staatlicher Fonds zur Rehabilitierung Behinderter Personen] erhalten, diese aber in die eigene Tasche stecken. Die behinderten Arbeiter*innen haben zwar ein Recht auf Rehabilitation, aber auch dagegen wird verstoßen.
Die Gehaltsforderungen der Initiativgruppe in Jaworzno lauten daher wie folgt:
– Arbeitsverträge für alle, mit direkter Anstellung durch das Krankenhaus
– Keine fiktiven Aufträge von verschiedenen „Stroh“-Firmen mehr
– Auszahlung fälliger Zuschläge für alle Nachtschichten und Überstunden
– Zahlung der Corona-Zulage
– Gewährung von Zuschüssen für Arbeiter*innen mit Behinderung, sowie Recht auf Rehabilitation
– Beendigung der Urlaubsabgeltung ohne Zustimmung der Arbeiter*innen
– Unterzeichnung richtiger Arbeitsverträge und korrekte Arbeitszeiterfassung durch echte Arbeitgeber*innen
Die „Union der polnischen Syndikalist*innen“ [ZSP-IAA] bekundet nun ihre volle Unterstützung für all diese Forderungen. Und sie prangert die Praktiken im Gesundheitswesen an, welche die Ausbeutung der Arbeiter*innen und den Raub ihres hart erarbeiteten Lohnes bedeuten.
Quelle:
https://zsp.net.pl/impel-czy-da-sie-sprzatnac-wyzysk-w-szpitalu-salowe-z-jaworzna-chca-tego-dokonac
Übersetzung [und Anmerkungen]: ASN Köln, https://asnkoeln.blackblogs.org/
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