Der Kampf gegen den Krieg in Russland und der Ukraine

Die „Konföderation revolutionärer Anarcho-Syndikalist*innen“ aus Russland hat Anfang April folgenden Text veröffentlicht:

Der aktuelle militärische Konflikt zwischen Russland und der Ukraine hat zu einem wahnsinnigen Anstieg des höchst ekelhaften und tief liegenden Nationalismus auf beiden Seiten der Frontlinie geführt. In Russland wird dazu aufgerufen, den Feind zu „zerschlagen“, während in der Ukraine bis zum letzten Mann für das „Vaterland“ gekämpft werden soll. In beiden Staaten versucht die Propaganda den Feind so weit wie möglich zu „entmenschlichen“ und leider tappen viele einfache Leute in diese Falle, welche die Herrschenden eingerichtet haben. Sogar viele „Linke“ und „Anarchist*innen“, vergiftet mit patriotischem Mist, eilen bereitwillig herbei, um das Blutvergießen zu unterstützen.

Unglücklicherweise ist dies immer der Fall, wenn Kriege von Staaten geführt werden. Hierbei reicht es, an die Welle der Massenhysterie zu erinnern, welche am Vorabend und zu Beginn des Ersten Weltkriegs viele Länder ergriffen hatte. Doch einige Jahre später waren die Massen wütend angesichts des Elends, der Lügen und des Leidens. Und sie hätten beinahe der Welt aus Staat und Kapital ein Ende bereitet, welche die Kriege hervorgebracht hatte… Davon sind wir jetzt aber unendlich weit entfernt. Doch damals im August 1914 schien dies ebenso…

Um so mehr Aufmerksamkeit und Respekt verdienen nun die Aktionen der Bevölkerung in Russland und der Ukraine, die sich gegen Militär-“Operationen“, Kampfhandlungen, Zerstörung und Blutvergießen richten. Der vergangene Monat seit dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine ermöglicht bereits einen kurzen Überblick über die Hauptformen und Methoden der Anti-Kriegs-Proteste.

Beginnen wir mit Russland: Hier hatten bereits am ersten Tag die Massendemonstrationen gegen den Krieg begonnen, welche für ein bis zwei Wochen ohne Unterbrechung stattgefunden haben. Zunächst fanden sie meist täglich und im ganzen Land statt. Alle waren illegal und wurden brutal aufgelöst. Zusätzlich zu den Versammlungen und Protestzügen auf den Straßen, wurden auch andere Methoden benutzt, wie Plakate aufhängen, Graffiti malen, Flugblätter und Aufkleber verteilen, sowie das Verteilen von Anti-Kriegs-Materialien.

In einer Reihe von Fällen wurden auch von Aktionen berichtet, deren Form radikaler war. Zum Beispiel warf die Studentin Anastasia Levashova am 24. Februar in Moskau einen Molotow-Cocktail auf die Polizei; ein Gericht verurteilte sie zu 2 Jahren Haft (https://tass.ru/proisshestviya/14204409).

In der Nacht des 28. Februar wurde in Luchowizy bei Moskau ein Anmelde- und Rekrutierungsbüro des Militärs in Brand gesteckt (https://www.mk.ru/incident/2022/03/13/stalo-izvestno-kak-sbezhal-iz-policii-podzhigatel-voenkomata-v-lukhovicakh.html). In St. Petersburg wurde ein Polizist mit einer Dose Pfefferspray angesprüht. In der Nacht des 01. März wurde in Smolensk in einer Polizeiwache Feuer gelegt (https://smolensk-i.ru/accidents/poyavilis-podrobnosti-podzhoga-otdela-policzii-v-smolenske_428766).

In der Nacht des 03. März wurde in das Fenster eines Rekrutierungsbüros in Woronesch ein Molotow-Cocktail geworfen (https://novostivoronezha.ru/2022/03/03/225927). Auch wurde berichtet, dass gegen eine Wand des Kreml zwei Molotow-Cocktails geworfen wurden (https://libcom.org/article/two-weeks-russian-invasion-short-overview-radical-civil-resistance). Ebenso wurde eine Polizeistation in Krasnojarsk in Brand gesteckt. am 05. März wurde in Berjosowski (Region Swerdlowsk) versucht, eine militärische Meldebehörde mit einem Molotow-Cocktail anzuzünden (https://www.e1.ru/text/criminal/2022/03/18/70512605/), …

Die meisten dieser Proteste sind spontan. In einigen Fällen hatte die bürgerlich-liberale Opposition dazu aufgerufen. Und am 08. März gab es Aufrufe von feministischen Organisationen. Leider können nicht alle der Protestierenden als wirklich antimilitaristisch bezeichnet werden, also tatsächlich gegen alle Kriege gerichtet. Unter den Protestierenden (besonders unter den liberalen) gibt es viele Unterstützer*innen der Ukraine, sogar NATO-Sympathisant*innen wurden gesehen.

Die genaue Anzahl der Protestierenden ist nicht bekannt, aber zumindest die Zahl der Städte, in denen Demonstrationen stattfanden, und die Anzahl der während der Proteste verhafteten und von Repression betroffenen, lassen das Ausmaß erahnen. Insgesamt wurden in mehr als 100 Städten und Ortschaften Straßenaktionen durchgeführt. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivist*innen hat die Polizei allein am 13. März etwa 15.000 Leute bei diesen Protesten festgenommen (https://ovdinfo.org/articles/2022/03/13/18-y-den-voyny-i-protestov-zaderzhaniya-13-marta).

Nur ein paar von ihnen wurden einfach „nach einer Verwarnung“ freigelassen; über tausende Leute wurden Geldbußen oder Haftstrafen verhängt. Allein in St. Petersburg hatten die Gerichte bis zum 25. März 3.710 Fälle bearbeitet: 861 Leute bekamen Geldbußen, 2.456 müssen ins Gefängnis und 123 wurden zu Zwangsarbeit verurteilt (https://www.kommersant.ru/doc/5280512).

Einigen Protestierende drohen noch schwerere Strafen wegen Kriminaldelikten. Die neuen Gesetze gegen das Verbreiten von „Falschinformation“ und „Beleidigung der Armee“ ermöglichen Strafen von bis zu 15 Jahren Haft. In dem Monat seit Ausbruch der Kampfhandlungen wurden in Russland 60 Strafprozesse eingeleitet, die auf die eine oder andere Weise mit den Protesten in Verbindung stehen.

46 Leute wurden wegen Straftaten angeklagt (mit Ausnahme von Zweien, wegen zwei Vergehen). Neun von ihnen befinden sich in Untersuchungshaft, drei unter Hausarrest. Und zwei weitere Gerichte haben ein Verbot bestimmter Aktionen erlassen. Mindestens fünf der Angeklagten befinden sich außerhalb von Russland. Insgesamt gab es in 22 Regionen Russlands Anklagen: Adygeya, Tatarstan, Karelien, Moskau (Stadt), Inguschetien, St. Petersburg, Kemerowo, Tomsk, Tjumen, Belgorod, Wladimir, Moskau (Oblast), Tula, Swerdlowsk, Pskow, Samara, Rostow, Nowosibirsk (Oblast), Krim, Primorsky, Krasnodar und Trans-Baikal (Region).

Nach 14 Artikeln des Strafgesetzbuchs wurden Untersuchungsverfahren eingeleitet:

– zehn nach dem neuen Straftatbestand Artikel 207,3 des Strafgesetzbuchs der Russischen Föderation wegen militärischer Falschmeldungen

– neun nach nach Artikel 2014 des Strafgesetzbuchs der Russischen Föderation (Teil 2) wegen „von Hass motivierter Vandalismus“ (mindestens gegen drei Straßenkünstler*innen aus Moskau, Wladimir und Jekaterinburg)

– neun nach Artikel 318 des Strafgesetzbuchs der Russischen Föderation (Teil 1) wegen der Anwendung von Gewalt gegen Beamt*innen

– zwei wegen des Vorwurfs der „Rechtfertigung von Terrorismus“ (in Kazan und Petrosawodsk)

Außerdem gibt es Untersuchungen wegen Fällen von Hooliganismus, Beleidigung von Behördenvertreter*innen, Aufruf zu extremistischen Handlungen, Aufruf zu Feindseligkeit, Lagerung von Munition, Anregung zu Aufständen und sogar Schändung von Leichen und deren Grabstätten (https://t.me/pchikov/4774).

In der Ukraine ist es nicht weniger schwierig, Anti-Kriegs-Proteste zu organisieren, als in Russland. Die Behörden haben begonnen die politische Opposition zu verbieten und zu verhaften, sowie Terrorgesetze zu erlassen (u.a. Strafen für „Kollaboration mit dem Aggressor“, „Plünderung“ und „Hochverrat“, wofür es von 15 Jahren Haft bis zu Lebenslang droht). Zu dieser Repression kommt noch hinzu, dass angesichts der Kampfhandlungen keine Proteste möglich sind. Denn wie soll man zu einer Straßenaktion gehen, während überall russische Raketen und Granaten einschlagen, die eine unmittelbare Lebensgefahr darstellen? Jedoch scheint dies sogar dort möglich zu sein, wie der Gesamteindruck aufgrund vereinzelter Informationen nahelegt.

Eine der am weitesten verbreiteten Aktionen, welche sich gegen die Folgen des militärischen Konfliktes richten, sind sogenannte „Plünderungen“, die mehrfach aus unterschiedlichen ukrainischen Städten berichtet wurden. Natürlich können dazu eine Reihe von Vorfällen gezählt werden – von Banditentum, Mord und Raubüberfällen an der Zivilbevölkerung bis hin zu wirklichen Sozialprotesten, bei denen die Bewohner*innen der Städte und Ortschaften aus Mangel an Nahrung und Lebensmitteln einfach die Läden enteignen.

Solche „Enteignungen durch die Bevölkerung“ und „Hungeraufstände“ wurden sowohl aus Städten berichtet, die unter der Kontrolle der ukrainischen Behörden stehen (https://nv.ua/kharkiv/harkov-operativnaya-obstanovka-policiya-zaderzhala-100-maroderov-i-diversantov-novosti-harkova-50229711.html; https://assembly.org.ua/mnogo-volonterstva-malo-maroderstva-chem-zhivet-harkov-krome-boev-i-obstrelov/), wie auch in solchen Städten, die von russischen Truppen kontrolliert werden (https://aitrus.info/node/5926).

Es gab seitens der Bevölkerung Versuche, das Eindringen der russischen Militärfahrzeuge in die Siedlungen aufzuhalten, um Zerstörungen zu verhindern. Zum Beispiel am 27. Februar in Korjukiwka (Oblast Tschernihiw), wo die Ortbewohner*innen auf die Straße gingen, um die russischen Panzer aufzuhalten, die Kolonne gestoppt haben und Verhandlungen begonnen haben. Das Ergebnis war eine Vereinbarung, dass das russische Militär nicht in die Stadt vordringen wird (https://24tv.ua/ru/vrag-otoshel-chernigovshhine-ljudi-ulicah-ostanavlivajut-rossijskie_n1881586).

Am 26. März hat der Bürgermeister der ukrainischen Stadt Slawutytsch mit den russischen Truppen verhandelt, welche in die Stadt gekommen waren, und hat mit ihnen eine Entmilitarisierung vereinbart. Er versicherte ihnen, dass es keine Soldat*innen oder Waffen in der Stadt gäbe und überzeugte die Soldat*innen die Stadt zu verlassen. Das russische Militär erklärte, es „wird keine Häuser durchsuchen“, doch die Leute sollten freiwillig alle Waffen abgeben, die nicht zur Jagd benötigt werden. Die ukrainische Verwaltung von Slawutytsch konnte bleiben und die russische Seite versprach, ihr humanitäre Hilfe zukommen zu lassen (https://www.pravda.com.ua/rus/news/2022/03/26/7334734/).

Andererseits gibt es Beweise, dass Bewohner*innen auch die Forderung gestellt haben, dass das ukrainische Militär sich nicht in Wohnbezirken aufstellen solle. Ein Video eines ähnlichen Protestes in Charkiw machte in sozialen Netzwerken die Runde (https://47channel.ru/event/xarkovcane-potrebovali-ot-vsu-ubrat-voennuyu-texniku-iz-zilyx-kvartalov)

Unabhängig davon sollte auch der Ungehorsam gegenüber Anordnungen, sowie Fahnenflucht auf beiden Seiten erwähnt werden. Leider ist es nicht möglich, den Wahrheitsgehalt vieler Gerüchte zu überprüfen, die verbreitet werden. Die Medien berichten über eine sinkende Moral und wenig Kampfbereitschaft bei russischen Armeeeinheiten, die in die Ukraine entsendet wurden (https://www.blick.ch/ausland/chaos-stress-frustration-sieht-aus-als-wuerden-die-ersten-russen-desertieren-id17302601.html).

Die ukrainische Seite behauptet, dass etwa 200 russische Marinesoldaten der 155. Brigade sich geweigert hätten, in der Militäroperation teilzunehmen, doch diese Aussage kann nicht bestätigt werden. Es gab auch Berichte über die Weigerung der auf der Krim stationierten 810. Marinebrigade, an einer Landung in der Region Odessa teilzunehmen (https://nv.ua/ukraine/events/vtorzhenie-rossii-v-ukrainu-morpehi-v-krymu-otkazyvayutsya-uchastvovat-v-voyne-50221447.html).

Andererseits wurde gab es weitere, bruchstückhafte Berichte, die keine Bewertung des Ausmaßes dieses Phänomens ermöglichen. Die Mutter eines Soldaten, der in der Oblast Leningrad eingezogen wurde, berichtet darüber, dass ihr Sohn, wie viele andere zur Armee Einberufenen, gezwungen wurde einen Vertrag mit der Armee zu unterzeichnen.

Im Januar war eine Einheit nach Kursk geschickt worden und dann nach Belgorod, von wo aus sie dann zum Kämpfen in die Ukraine entsendet wurden. „Nach Angaben der Frau wurden die Soldaten in die Ukraine zum Kämpfen gebracht, aber einige weigerten sich und ihnen wurde mit dem Gesetz gegen Desertion gedroht.“ (https://www.currenttime.tv/a/mat-rossiiskogo-voennogo-ob-ucheniyah-i-ugrozah-v-armii/31733426.html)

Albert Sakhibgareev, ein Vertragssoldat aus Ufa, gab an, das seine Brigade Ende Februar während eines Manövers in der Region Belgorod mit Maschinengewehren ausgerüstet wurde und sie den Befehl bekamen, von den Artilleriestellungen aus zu schießen, „wohin ihnen befohlen wurde“. Die Soldaten* begannen daran zu zweifeln, dass sie sich in einer Übung befänden, nachdem in ihre Richtung zurückgeschossen wurde.

Daraufhin hat Sakhibgareev sich auf seinem Handy die Nachrichten angesehen und herausgefunden, dass russische Truppen in die Ukraine geschickt worden waren. Eine Woche später wurde er von einem Fähnrich geschlagen, verließ die Einheit und kehrte nach Hause in Ufa zurück. Wegen des Desertierens könnten ihm bis zu sieben Jahre Gefängnis drohen (https://meduza.io/feature/2022/03/23/nikto-ne-ponimal-chto-proishodit-my-dumali-ucheniya).

Zwölf Kämpfer der [Spezialeinheit] OMON weigerten sich gemeinsam mit ihrem Kommandanten Farid Chitaev die Krim zu betreten. Die Kämpfer der Nationalgarde begründeten ihre Weigerung damit, dass der Befehl gesetzeswidrig sei – keiner von ihnen sei über die Aufgaben und Bedingungen der „Spezialoperation“ informiert worden. Niemand wollte sich daran beteiligen und die Kämpfer wurden vom Dienst suspendiert (https://93.ru/text/incidents/2022/03/29/70535243/). Auch OMON-Kräfte aus Ischewsk haben das Gebiet der Ukraine wieder verlassen und schriftlich gekündigt, nachdem ihre Einheit mit schwerem Gerät zerstört worden war (https://bloknot-krasnodar.ru/news/devyat-iz-12-ne-poekhavshikh-na-ukrainu-omonovtsev-1462323).

Ende März bestätigte der ehemalige Präsident von Südossetien, dass einige in der Republik rekrutierten Soldaten an Kämpfen in der Ukraine teilgenommen haben und ohne Erlaubnis von der Front nach Hause zurückgekehrt sind (https://t.me/eduardkokoity/40). Es wurde berichtet, dass es sich um Kämpfer der Militärbasis der 4. Garde der Russischen Föderation handeln soll.

Auch in der Ukraine sind nicht alle wild darauf, „das Vaterland zu verteidigen“. Das zeigt sich anhand der Plakaten, die in den ersten Kriegstagen in Odessa gesehen wurden. Darauf hatte das Kommando der ukrainischen Streitkräfte in Weiß auf Schwarz gefragt: „Du willst nicht kämpfen? Das heißt, Du liebst Dein Land nicht.“ Natürlich belegt allein das Auftauchen solcher Agitation, dass es durchaus ein paar „nicht liebende“ Leute gibt.

Die Behörden der Ukraine haben eine Mobilmachung verkündet und lassen Männer* im Alter von 18 bis 60 Jahren nicht aus dem Land hinaus. Dennoch berichten Genoss*innen aus der Ukraine darüber, dass in Wirklichkeit diese großflächige Mobilmachung nicht wirkt, im Gegensatz zu 2014/2015 als massenhafte Hausdurchsuchungen bei Wehrpflichtigen üblich waren. In den ersten Wochen der Kämpfe wurde versucht, an Kontrollposten Einberufungen zu verteilen, aber das würde später verboten.

Trotzdem versuchen viele Männer* vorsichtshalber die Grenzen zu Nachbarländern illegal zu überqueren. Ein ukrainischer Korrespondent der BBC sagte Ende März, dass am Grenzübergang Mohyliw-Podilskyj nach Moldawien „jede Sekunde in fast jedem Auto Männer* im wehrpflichtigen Alter versuchen auszureisen, aber sie werden abgewiesen, was für allen dort eine klare Stellungnahme bedeutet. Ein Grenzschützer sagte mir, manche Autos drehen einfach um und in anderen wechseln die Frauen ans Steuer und die Männer steigen aus.“(https://www.bbc.com/russian/features-60651983).

Nach Angaben eine*r Stellvertreter*in der Stadtrats von Mukatschewo in [der ukrainischen Oblast] Transkarpatien, überqueren für viel Geld täglich hunderte Männer* trotz des geltenden Kriegsrechts die Grenze zu den EU-Ländern. In Transkarpatien habe diese Schattenwirtschaft bereits industrielle Ausmaße angenommen. Die Kosten für ein Zertifikat und den Transport nach Polen liegen bei 2.000 Euro (https://economics.segodnya.ua/economics/enews/korrupciya-na-granice-kak-iz-ukrainy-massovo-begut-muzhchiny-1608831.html). In der Region Odessa liegen die Kosten bei 1.500 Dollar pro Person (https://www.unian.net/incidents/voyna-s-rossiey-v-odesskoy-oblasti-razoblachili-shemu-pobega-muzhchin-za-granicu-novosti-odessy-11757901.html)

Die Edition LIGA.net hat den „Markt“ untersucht und nennt Summen, die um das Dutzendfache höher sind. Mehr als Tausend Männer im wehrfähigen Alter wurden in den ersten drei Wochen des Krieges an der Grenze geschnappt, meldet der ukrainische Grenzschutz. Die vor dem Krieg Flüchtenden werden nach Polen, Rumänien und Moldawien geschickt, einige wenige auch nach Ungarn (https://biz.liga.net/ekonomika/all/article/vmesto-fronta-evropa-v-internete-reklamiruyut-uslugi-vyezda-prizyvnikov-a-est-spros).

Natürlich können nicht alle Männer*, die versuchen das Land zu verlassen, einfach als Leute bezeichnet werden, die nicht kämpfen wollen. Es gibt viele reiche Leute unter ihnen, denn soviel Geld zu finden, um die Grenze zu überqueren, ist keine leichte Aufgabe. Manche verkaufen vielleicht alles, was sie haben, aber den Reichen kümmert das nicht. Sie beginnen und provozieren Kriege und verstecken sich dann im Ausland, lassen dabei die einfachen Leute zum Sterben zurück oder lassen sie für sich morden. Doch das gilt auch für Teile der russischen „Elite“, die ausgewandert ist.

Bis zum 28. März wurden in der Ukraine über 340 Straftaten verzeichnet, welche „die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine unter Kriegsrecht beeinträchtigen“, davon etwa 100 wegen Hochverrat und Kollaboration. Mehr als 1.700 männliche* Bürger der Ukraine im wehrpflichtigen Alter wurden identifiziert, die verbotenerweise die Landesgrenze überschreiten wollten. Dies wurde von Tatyana Sapyan verkündet, Sprecherin der staatlichen Ermittlungsbehörde. Allein innerhalb eines Tages wurden Organisationskanäle zum Transport von Menschen über die Grenze in den Regionen Winnyzja, Czernowitz und Lwiw entdeckt (https://www.unian.net/society/nezakonno-peresech-granicu-1700-muzhchin-grazhdan-ukrainy-prizyvnogo-vozrasta-zhelali-sbezhat-nezakonno-novosti-ukrainy-11763106.html)

In dem Versuch die Fahnenflucht zu unterdrücken haben die Behörden den Erlass Nr. 7171 in der Werchowna Rada [Parlament] beschlossen, der Männern* im wehrpflichtigen Alter mit bis zu 10 Jahren Haft droht, wenn sie während des Kriegsrechts illegal die Ukraine verlassen.

Schließlich berichten auch Bewohner*innen der seperatistischen Republik Donezk von Zwangsrekrutierungen. Männer* werden direkt von der Straße eingezogen, sie bekommen Waffen und werden ohne Vorbereitung an die Front geschickt. Alle, die können, versuchen sich zuhause zu verstecken und gehen nicht vor die Tür. Das ist auch eine Art, sich dem Krieg zu verweigern!

KRAS-IAA

https://aitrus.info/node/5941

Graphik: Logo der KRAS-IAA mit zwei Händen, die ineinander greifen in einem Kreis vor rotem Hintergrund

Übersetzung [und Anmerkungen]: Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln

(CC:BY-NC)

Weitere Artikel zum Thema:

„Russland: Hintergründe zum Krieg in der Ukraine“ (KRAS-IAA)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/03/16/russland-hintergruende-zum-krieg-in-der-ukraine/

„Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ (CNTf-IAA)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/03/09/friede-den-huetten-krieg-den-palaesten/

„Verwandeln wir kapitalistische Kriege in eine Revolution der Arbeiter*innen!“ (ASI-IAA)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/03/07/verwandeln-wir-kapitalistische-kriege-in-eine-revolution-der-arbeiterinnen/

„Nein zum Krieg!“ (KRAS-IAA)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/02/25/keinen-krieg/