Wellness-Programme am Arbeitsplatz bringen nichts

Tolle Neuigkeiten! Im Jahr 2021 haben Arbeitgeber*innen weltweit rund 60 Milliarden US-Dollar für „Wellness“-Angebote ausgegeben. Und du dachtest, dein*e Arbeitgeber*in kümmert sich einen Dreck um dich. Die noch bessere Nachricht ist, dass die von den Arbeitgeber*innen für „Wellness“ ausgegebene Summe wahrscheinlich bis 2026 auf 96 Milliarden US-Dollar ansteigen wird.

Der Umfang, in dem Unternehmen die Gesundheit ihrer Arbeitskräfte verbessern möchte, kennt keine Grenzen. Die Firmen verschleudern Milliarden für Maßnahmen, um den Arbeiter*innen beispielsweise zu helfen mit dem Rauchen aufzuhören, ihnen Ernährungspläne, Yoga und Bewegungsübungen anzubieten. Oder sogar Schreibtische einzubauen, die mit Fahrrad-Dynamos betrieben werden (unvorstellbar), psychosoziale Beratung zu organisieren oder ihre Mitarbeiter*innen auf Outdoor-Abenteuer zu schicken und vieles mehr.

Eure Chefs sind wirklich tolle Leute. Der einzige Wermutstropfen in dieser utpoischen Arbeitswelt ist, dass diese „Wellness“-Angebote nicht funktionieren und die Sache sogar noch schlimmer machen, wie eine Reihe von Studien gezeigt haben. Eine neue Untersuchung der Universität Oxford hat herausgefunden, dass fast alle „Wellness“-Maßnahmen statistisch gemessen keine messbaren Auswirkungen auf das Wohlergeben von Arbeiter*innen oder auf eine Verbesserung der Arbeitsbeziehungen haben.

In einigen Fällen haben diese Programme die Lage sogar noch verschlechtert. Beispielsweise fand eine Studie heraus, dass Achtsamkeitstraining sogar negative Folgen für die allgemeine geistige Gesundheit der Arbeiter*innen hatte. Zweifellos werden einige Leser*innen äußerst schockiert sein, wenn sie erfahren, dass am Schreibtisch zu strampeln während man eine stets zunehmende Arbeitsbelastung zu stemmen hat, nicht wirklich der Gesundheit förderlich ist. Wer hätte das gedacht?

Tatsächlich sind Wellness-Angebote nicht viel mehr als Übungen in Öffentlichkeitsarbeit, die das Ziel haben, den Arbeiter*innen, Kund*innen und der Öffentlichkeit vorzumachen, dass die Arbeitgeber*innen sich wirklich kümmern würden. Viel schlimmer ist aber, dass sie eine Beleidigung sind: Indem die Arbeitgeber*innen davon ausgehen, dass die Arbeiter*innen so blöd sind, dass sie mit einem Wochenende voller spannender „Outdoor-Abenteuer“ und „Spaß“ blind werden gegenüber der Tatsache, dass die Arbeitsbelastungen steigen während ihre Reallöhne sinken.

In Wirklichkeit sind es doch die Arbeitgeber*innen, die sich mit Wellness-Angeboten zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz überschlagen, aber gleichzeitig die Leute durch schlechte Arbeitsbedingungen im Namen eines immer höheren Profits krankmachen. Das Ausmaß der gesundheitlichen Folgen für Arbeiter*innen durch eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen ist in der Tat schockierend. Eine aktuelle Studie der Universität Stanford fand heraus, dass zu den häufigsten Ursachen für Stress am Arbeitsplatz Schichtarbeit, lange Arbeitszeiten, prekäre Jobs, Konflikte zwischen Arbeit und Freizeit, wenige Gestaltungsmöglichkeiten, hohe Leistungsanforderungen und fehlende Unterstützung zählen. Die Untersuchung stellte fest, dass in den USA 120.000 Todesfälle pro Jahr mit diesen Faktoren in Verbindung gebracht werden können. Und Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 5% und 8% der Gesundheitsfürsorge davon abhängt, wie die Arbeitgeber*innen ihre Belegschaften behandeln.

Die Anwort auf eine schlechte Gesundheit aufgrund mieser Arbeitsbedingungen ist daher nicht die entwürdigende Farce der vom Management eingeführten Wellness-Programme. Sondern, dass Arbeiter*innen sich zusammenschließen und der Macht der Arbeitgeber*in etwas entgegensetzen. Als Gewerkschaft bietet die Solidarity Federation eine Reihe von Kursen für betriebliches Training an, darunter ein Kurs für Frauen und einer speziell für LGBTQ+Personen, welche sich an ihrem Arbeitsplatz organisieren wollen.

Quelle:
Direct Action – A Solidarity Federation Publication, 2024, Issue 2,
http://solfed.org.uk/da/direct-action-solidarity-federation-2024-issue-2

Übersetzung: ASN Köln (CC: BY-NC, https://asnkoeln.wordpress.com)