Coronakrise: Wir sitzen nicht im selben Boot!

Die slowakische Basisgewerkschaft Priama Akcia (PA-IAA) hat am 1. Mai 2020 eine Kampagne zur Covid-19-Pandemie gestartet. Das im benachbarten Österreich gelegene Wiener Arbeiter*innen-Syndikat möchte deren unterstützenswerten Aufruf weiterverbreiten und hat folgende deutschsprachige Übersetzung veröffentlicht [1]:

Im letzte[n] Jahr haben wir den 1. Mai mit einer Kunstausstellung begangen. Kurz davor haben wir einen weiteren Arbeitskonflikt gewonnen und wir haben gedacht, daß es interessant sein könnte, darauf hinzuweisen, daß es sich bei Kämpfen von ArbeiterInnen nicht nur um Arbeitskämpfe handelt. Es handelt sich primär um unsere Kreativität. Und in Zeiten von Entlassungen, nicht ausbezahlten oder zu niedrigen Löhnen und Unterdrückung unserer Rechte und Freiheiten brauchen wir sogar noch mehr davon. Daher starten wir diesen 1. Mai die Kampagne „COVID 19-Krise: Wir sitzen nicht im selben Boot!“

Priama Akcia: koronakriza

Die Pandemie hat gezeigt, daß Sachen, die wir unter anderen Umständen bezweifeln würden, plötzlich möglich sind. Dies betrifft nicht nur die Tatsache, daß manche Sektoren der Ökonomie plötzlich gebraucht werden (während andere nicht wirklich vermisst werden) oder daß manche Firmen zu schnellen Transformationen fähig sind und damit begonnen haben, das herzustellen, was im Moment notwendig ist. ArbeiterInnen haben ebenfalls einen großen Schritt vorwärts gemacht. Weltweit[,] sowie kürzlich auch in der Slowakei[,] haben kollektive Aktionen stattgefunden: Proteste, Wilde Streiks (zeitweise in mehreren Branchen von Firmen gleichzeitig), Arbeitsverweigerung aufgrund der Gesundheit und Sicherheit, Besetzung von ungenutzten Gebäuden, Mietstreiks etc. Solche Aktivitäten[,] sowie viele Beispiele gegenseitiger Hilfe[,] sind eine gute Basis für die Zukunft. Diese zeigen eindeutig auf, daß „es ist nicht möglich“ oder „das kann nicht gemacht werden“ einfach nicht wahr ist, sowohl in Bezug auf die Transformation der Produktion[,] wie auch das Potenzial der ArbeiterInnen. Wir sollten dies im Gedächtnis behalten, da wir diese Tatsache in der Zukunft sehr oft wiederholen werden müssen.

Jedoch passieren auch andere Sachen, die nicht derart überraschend sind. Die Regierung pumpt Millionen in den privaten Sektor, während Menschen mit geringen Einkommen und prekären Konditionen weiter arbeiten und Infektionen riskieren müssen (Handel, Gesundheitssektor). Andere haben bereits ihre Jobs verloren oder werden sie in Zukunft verlieren (Beherbergung, Tourismus, Bau, Transport etc.).

Die Pandemie frustriert uns und wir würden uns wünschen, daß sie so schnell wie möglich beendet ist. Die Rückkehr zur „Normalität“ finden wir andererseits nicht besonders prickelnd. Wir haben nicht vergessen, mit welchen Umständen wir als ArbeiterInnen zuvor konfrontiert waren. Prekäre Jobs, geringe Einkommen, schlechte Behandlung, Ungleichbehandlungen aufgrund von Einkommen, Gender, Geburt[,] sowie die omnipräsenten Konsequenzen der Klimakrise. So ist die Welt, in der wir leben und dies betrifft nicht nur Zehntausende, sondern Milliarden. Jedoch ist der Hauptgrund nicht die habgierigen oder „schlechten“ Individuen. Es gibt unterschiedliche Gründe: Ersten[s] den Kapitalismus, dessen Produktion nicht auf unseren Bedürfnissen basiert, sondern ausschließlich auf Profit. Zweitens die Hierarchien auf allen Ebenen des sozialen Lebens, welche uns künstlich entzweien und einen fruchtbaren Boden für die Ungleichheit und Unterdrückung bereiten. Ebenso sollten wir nicht auf den Staat in seiner Rolle des immer verlässlichen Retters des Kapitalismus und Inhabers der Macht über den Rest der Gesellschaft vergessen (obgleich [e]r für viele Linke weiterhin ein Symbol der Hoffnung und der Veränderung ist).

Doch Vorsicht; die Firmen und der Staat haben ebenfalls nicht das Ziel zur Normalität zurückzukehren. Sie haben es mit ihren Maßnahmen, die sie während der Pandemie gesetzt haben, sowie der Regierungserkärung nach den Wahlen, klar gemacht. Sie wollen mehr. Für sie, natürlich. Sie werden danach streben und darüber sprechen, als ob es sich um etwas handelt würde, daß wir ebenfalls wollen. Sie planen Austeritätsmaßnahmen, weitere Umweltzerstörung und einen Haufen von populistischer und nationalistischer Scheiße. Sie werden uns auffordern, uns selbst zu opfern für … ihre Welt.

So eine Welt wollen wir nicht. Wir sind über ihr „Alles-wird-gut“ und weitere Märchen irritiert. Wir sind mehr Wert. Jedoch müssen wir damit beginnen, aktiv zu werden.

Sprechen wir von unserem Standpunkt, von der Perspektive der ArbeiterInnen. Dies ist auch, worum es am 1. Mai geht – es soll eine wichtige Botschaft transportiert werden, daß wir eine Gesellschaft erschaffen sollten, die unsere Bedürfnisse erfüllt und nicht die Bedürfnisse des Kapitals. Wir sind nicht auf dieser Welt, um Profite für igendwen anderen zu erwirtschaften. Wir sind auf Welt, um ein glückliches Leben zu führen und unsere Fähigkeiten[,] sowie unsere Gesellschaft fortzuentwickeln. Wir brauchen den Kapitalismus und den Staat nicht. So sehen wir das. Wenn ihr es genauso seht, kontaktiert uns. Am 1. Mai[,] sowie jeden anderen Tag. Laßt uns gemeinsam etwas aufbauen, weil es gemeinsam einfacher ist.

Folgendermaßen reagieren wir auf die Covid 19-Krise

Wir nutzen den 1. Mai als symbolisches Ereignis, um unsere Aktivitäten, die eine Antwort auf die Krise darstellen, zu intensivieren. Wir sollten unseren Fokus darauf legen, unsere Situationen zu besprechen, die Verhältnisse und die Zukunft.

Das Ende der Pandemie wir[d] die Angriffe aus unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen nicht beenden. Wir müssen uns in die bestmögliche Position versetzten, um die derzeitigen Probleme und jene, die da noch kommen werden, zu lösen.

Unser Ziel ist es, so viele Menschen wie möglich zu erreichen und ein Netzwerk von Beziehungen zwischen denen, die aktiv sein möchten, zu erschaffen.

Daher:

  1. Wir unterstützen Menschen, die aktiv sein möchten

  2. Wir zeigen, daß es Sinn macht, sich zu wehren

  3. Wir schließen uns mit Menschen, die Dinge ähnlich sehen wir wir, zusammen

  4. Wir sind gegen die Ideologie der Selbstaufopferung

  5. Wir möchten Ermächtigung am Arbeitsplätze aufbauen

Wir werden diese Ideen ausarbeiten und [e]ine nach der [a]nderen in den kommenden Tagen auf unserer Webseite veröffentlichen. Wenn das interessant klingt, kontaktiert uns. In jedem Fall würden wir uns darüber freuen, wenn ihr diesen Text über Eure Medien weiterverbreiten würdet.“

Priama Akcia
Solidarische ArbeiterInnen-Gewerkschaft
Slowakische Sektion der Internationalen ArbeiterInnen-Assoziation (IAA)

Erstveröffentlichung am 2.5.2020 auf dem WAS-Blog. Kopieren mit Quellenverweis möglich. Übersetzung; Wiener ArbeiterInnen-Syndikat

Anmerkung:
1) orthographische Korrekturen des ASN Köln in eckigen Klammern