Vor zwei Jahren war in der Kölner Südstadt das Wohnhaus am Kartäuserwall 14 besetzt und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Die Mieter*innen waren von der Immobilienfirma Gewerbepark Hüsten GmbH zuvor als „Verwertungshindernis“ vertrieben worden. Das Gebäude wurde schließlich nach vier Wochen polizeilich geräumt, einige der Besetzer*innen wurden angeklagt und verurteilt.
Nachdem dieser Wohnraum unter skandalösen Umständen zerstört und abgerissen wurde, ist jedoch trotz aller Investorenpläne für ein schickes City-House jahrelang nichts passiert auf der Brache. Es wird auch bezweifelt, ob überhaupt eine erforderliche Baugenehmigung für die geplante Geschosserhöhung der Neubauten und die geringen Abstandsflächen vorliegt.
Die ehemaligen Mieter*innen, die 28 Jahre lang dort gelebt haben und bereits mehrere Gerichtsverfahren gegen die Immobilienfirma führen mussten, schlossen sich daher am 30.09.2017 erneut einer Protestaktion gegen Wohnraumzerstörung an. Gemeinsam mit Mitgliedern von Initiativen, wie „Wohnraum für alle“ und dem „ASN Köln“, wurden Passant*innen und Nachbar*innen an einem Infotisch über diesen Bauskandal informiert.
Mit einer Postkarten-Aktion, Plakaten und einer kleinen Gedenkstätte in der Baulücke wurde gemeinsam auf die prekäre Lage am Wohnungsmarkt und die zunehmende Gentrifizierung in Köln aufmerksam gemacht. Angesichts von fehlenden Sozialwohnungen und steigenden Mieten haben es vor allem Migrant*innen und Geflüchtete schwer einen bezahlbaren Wohnraum zu bekommen. Prekäre Niedriglöhne, befristete Verträge und weite Fahrtstrecken zum Arbeitsplatz erhöhen nicht nur den Alltagsstress, sondern führen auch zu sozialer und ökologischer Zerstörung.
In dem Aufruf zur Demo gegen Verdrängung Anfang Juni 2017 hieß es:
„Steigende Mieten vertreiben Tausende an die Ränder der Stadt. Unzählige Menschen werden für Luxussanierungen entmietet und zwangsgeräumt. Soziale, kulturelle, ökologische und antirassistische Projekte wie z.B. das Autonome Zentrum, die Wagenplätze und subversive Kunsträume sind existenziell bedroht. Nach den Plänen der Stadtverwaltung sowie privater Investor_innen haben sie keinen Platz mehr im Köln von morgen.
Doch damit nicht genug: Kinder, für welche die Stadt versäumt hat, rechtzeitig Schulen zu bauen. Geflüchtete, die monatelang in Turnhallen leben. In die Wohnungslosigkeit getriebene Menschen, die in Parks und Straßen völlig schutzlos leben und zehntausende fehlende Sozialwohnungen. All das während alleine 430.000 m² Bürofläche leer stehen. Städtische Flächen, Gebäude und Infrastruktur werden privatisiert oder abgerissen und damit einer sozialen Verwendung entzogen. An diesen Entwicklungen zeigt sich wie Verdrängung gefördert wird, durch eine neoliberale und kapitalistische Stadtpolitik, die an den Bedürfnissen und Interessen der Menschen vorbei zielt.“
Um so nötiger ist der solidarische Alltagswiderstand gegen die kapitalistische Ausbeutung – ob durch Vermieter*innen oder Arbeitgeber*innen. Genauso, wie die lebensbedrohlichen Abschiebungen blockiert und verhindert werden, brauchen wir auch handlungsfähige Netzwerke gegen Zwangsräumung, Miet- und Lohnwucher oder Entlassungen. Organisieren wir uns also ebenso am Arbeitsplatz, wie am Wohnort: Für eine gerechte Welt frei von Ausbeutung und Unterdrückung.
Georgo Akratis
(ASN Köln)
Hintergrundinformationen:
Aktionstag „Mietenwahnsinn stoppen: Wohnraum für alle!“(08.09.2017):
http://asn.blogsport.de/2017/07/30/mietenwahnsinn-stoppen-wohnraum-fuer-alle/
Video des Straßentheaters „Hilfe, mein Veedel hat Gentrifizierung“ (24.07.2016):
https://www.youtube.com/watch?v=4P2tONk2-BY
Video der Protestaktion „Reclaim the Abrissbrache – Grillen gegen Gentrifizierung“ (16.07.2016):
https://www.youtube.com/watch?v=6NKn7sFaVok
CreativeCommons: BY-NC (http://anarchosyndikalismus.blogsport.de)