Im Jahr 2011 haben Arbeiter/innen der Agentur OTTO Workforce angesichts ihrer Probleme mit dem Arbeitgeber mit eigenen Aktionen begonnen. Seitdem hat sich die polnische IAA-Sektion ZSP immer wieder mit Problemen in der Leiharbeitsfirma beschäftigt. Das Unternehmen mit rund 15.000 Angestellten wirbt unter anderem Arbeiter/innen in Polen und der Slowakei an, damit sie in den Niederlanden und in Deutschland eingesetzt werden können.
Anfangs gab es eine lange Liste von Beschwerden gegenüber der Agentur: Von einbehaltenen Löhnen bis zu mangelnden Arbeitsstunden bzw. Einsätzen. Viele Arbeiter/innen hatten nicht das bekommen, was ihnen die Firma schuldete, also wurden sie aktiv. Die anarchosyndikalistischen Basisgewerkschaften ZSP (Polen) und Priama Akcia (Slowakei) organisierten gemeinsam mit dem niederländischen Vrije Bond eine Kampagne zu Lösung dieser Probleme.
Es wurden also Listen mit den häufigsten Beschwerden angelegt und die Arbeiter/innen zum Gespräch mit Vorgesetzten begleitet. Nachdem vor den Niederlassungen von OTTO Workforce und bei deren Veranstaltungen Proteste organisiert wurden, beglich die Agentur schließlich ausstehende Zahlungen und kümmerte sich um einige wichtige Themen. Die Forderungen beinhalteten die Einhaltung aller vertraglichen Verpflichtungen und ein Ende der illegalen Regelungen und willkürlichen Abzüge, sowie des Zwang in firmeneigenen, überteuerten Unterkünften zu wohnen. Die Arbeiter/innen stellten auch einige Forderungen entsprechend der niederländischen Gesetze, wie Transport zum Arbeitsplatz und entsprechendes Urlaubs- bzw. Krankengeld.
Das Thema der Arbeiter/innen-Hotels wurde sogar von den Medien aufgegriffen, die darüber berichteten und einen Fernsehbeitrag filmten. Die Journalist/innen gingen in die Unterkünfte und beschrieben Zustände in denen jeweils bis zu 300 Euro für ein kleines, schlecht beheizbares Zimmer mit sechs Arbeiter/innen gezahlt werden musste. Diejenigen, die versuchten auszuziehen, wurden gekündigt. Die Medien berichteten außerdem über systematische Abzüge und Strafen, die der OTTO-Vorsitzende Frank van Gool jedoch leugnete.
Infolge dieser Berichte und der Kampagnenaktionen war die ZSP-IAA in der Lage, einer Reihe von Leuten ihr Geld einzutreiben und unbegründete Lohnabzüge rückgängig zu machen. Auch die Arbeiter/innen bei Wgo Elwag im polnischen Wroclaw, denen entgegen ihrer Verträge immer unterschiedliche Löhne gezahlt wurden, konnten dieses Thema dank der lokalen Aktionen aus der Welt schaffen.
Doch trotz alldem sind anscheinend noch nicht alle Probleme bei OTTO Workforce gelöst. Sowohl die ZSP, wie auch die Priama Akcia bekommen regelmäßig Mails von Arbeiter/innen in den Niederlanden, die bei dem Unternehmen das ein oder andere bemängeln. Manchmal werden diese Mängel behoben, aber die dauernde Wiederholung bestimmter Themen ist ein Hinweis darauf, dass bei dem Unternehmen noch einiges im Argen liegt – und dass die Arbeiter/innen sich weiterhin organisieren sollten.
Eines der Themen, das die Gewerkschaft gerne gegenüber dem Unternehmen ansprechen würde, ist die Tatsache, dass einigen Leuten eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden versprochen wird, sie aber nach Ankunft in den Niederlanden weitaus weniger bekommen. Diese Arbeiter/innen verdienen nicht das Nötige und müssen sogar viele Ausgaben machen, um in dem Land zu bleiben.
Und trotz der sehr negativen Berichterstattung über die OTTO-Unterkünfte bleibt dort nicht nur einiges zu Wünschen übrig, sondern darüber hinaus bestraft das Unternehmen weiterhin das Personal aufgrund fragwürdiger Vorwürfe in Bezug auf ihren Aufenthalt. Darüber hinaus gibt es Beschwerden, weil die Einsatzorte recht weit von den Unterkünften entfernt liegen und die Arbeiter/innen jeden Tag Stunden unterwegs sein müssen. So wurde im nordrhein-westfälischen Weeze in einer ehemaligen britischen Flughafenkaserne sogar die Containersiedlung „OTTO Town“ eingerichtet, von wo aus die Leiharbeiter/innen mit Kleinbussen überall in den Niederlanden eingesetzt wurden.
Aufgrund dieser Missstände hat die ZSP den Besuch des Vorsitzenden van Gool in Wroclaw genutzt, um ihn mit der Situation zu konfrontieren und das weitere Vorgehen von seinem Verhalten abhängig zu machen. Am 21.12.2015 haben sich dann einige Delegierte der ZSP-Sektion in Wroclaw mit Vertreter/innen des Vorstandes von OTTO Workforce getroffen. Bei dem Treffen kamen nicht nur die erwähnten Probleme zur Sprache, sondern auch der Fall eines ehemaligen Mitarbeiters, der während seines gesamten Einsatzes nur einen unglaublich niedrigen Stundenlohn von 2,50 Euro bekommen hat. Die Firmenvertreter/innen versprachen daraufhin sich mit diesen Themen zu befassen und bei den vorliegenden Fällen behilflich zu sein. Die Gewerkschaft ZSP wird das Unternehmen weiterhin im Auge behalten und gegebenenfalls an diese Versprechen erinnern…
Kampagnenseite
http://otto.zsp.net.pl
Hintergrundinfos zu Arbeitskämpfen bei OTTO Workforce:
http://anarchosyndikalismus.blogsport.de/2011/07/14/polen-erfolgreiche-aktion-gegen-otto-workforce/
Dieser Text ist gemeinfrei bei Nennung der Webseite http://anarchosyndikalismus.blogsport.de