Wie das Internationale Sekretariat der Anarcho-Syndikalistischen Initiative (ASI-IAA) in Belgrad am 21. Juli 2011 mitteilte, findet weiterhin eine staatliche Offensive gegen die libertäre Gewrkschaftsbewegung in Serbien statt. Die 2002 gegründete anarchistische Gewerkschaftsinitiative wurde von Anfang an von der Staatsmacht bekämpft und ihre Mitglieder verfolgt. Mehrere Aktivist/innen wurden angeklagt und größtenteils wieder freigesprochen. Doch aktuell sind immernoch sieben Mitglieder in verschiedene Gerichtsprozesse verwickelt.
Zuletzt kam es im Anschluss an die NATO-Konferenz im Juni 2011 in Belgrad zur Verhaftung von Mitgliedern, die an der Kampagne gegen die Kriegskonferenz (http://antinato.in.rs/) teilgenommen hatten. Die jüngsten Falschaussagen von Polizisten und die Hetzkampagne der Medien erinnern an den Fall der „Belgrader 6“. Diese waren im September 2009 festgenommen und wegen der angeblichen Beteiligung an einem Brandanschlag auf die griechische Botschaft in Belgrad angeklagt worden. Die vier ASI-Mitglieder und zwei weitere Anarchistinnen wurden daraufhin sogar des „Internationalen Terrorismus“ beschuldigt, wobei der Schauprozess wegen des geringen Sachschadens an der Gebäudefassade und der weltweiten Solidaritätskampagne zur Farce wurde.
Vor allem die wiederholte Inhaftierung von Ratibor Trivunac, einem damaligen Sekretär der Internationalen Arbeiter/innen Assoziation (IAA), zeugte von dem offensichtlichen politischen Interesse der Behörden eine kämpferische Gewerkschaftsorganisation bereits im Aufbau zu verhindern. Mit gefälschten Beweisen und offener Repression wird die ASI-IAA seither verfolgt, jedoch wurden die „Belgrader 6“ im Juni 2010 zunächst von allen Vorwürfen freigesprochen. Aber dieser Prozess wird nun auf Drängen der Staatsanwaltschaft vor dem Belgrader Berufungsgericht wieder neu aufgenommen. Die Gewerkschafter/innen sehen sich also erneut der Gefahr von langen Gefängnisstrafen und Polizeibrutalität ausgesetzt.
Zudem kam es immer wieder zu Angriffen von faschistischen Bürgerwehren, die wie im Mai 2010 gegen ASI-Mitglieder mit großer körperlicher Gewalt vorgehen und auch persönliche Mordaufrufe öffentlich verbreiten. Dabei sind die Angriffe nicht auf die Hauptstadt beschränkt, auch in anderen Städten kommt es zu Repression.
Zum Besipiel sind drei ASI-Mitglieder aus Vršac, die im Prozess gegen die „Belgrader 6“ solidarische Unterstützung geleistet hatten, wegen „Behinderung der Justiz“ angeklagt, jedoch nach einem langwierigen Prozess wieder freigelassen worden. Und erst im Februar 2011 wurde der Generalsekretär der ASI-IAA, Milan Stojanović, in einem neu aufgenommenen Verfahren aus dem Jahr 2006 aufgrund zweifelhafter Zeugenaussagen wegen der unautorisierten Nutzung eines fremden Autos durch Einbruch (bzw. Bedrohung des Fahrzeughalters) angeklagt. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm nun fünf Jahre Haft. Auch ein Antrag zur Aufnahme der international bekannten ASI in das offizielle Gewerkschaftsregister wurde im Juni 2010 wiederholt abgelehnt. Entgegen der zweiwöchigen Antwortfrist wurde ihnen diese Absage jedoch erst nach einem Jahr zugestellt.
Trotz der andauernden staatlichen und faschistischen Repressionen hält die Anarcho-Syndikalistische Initiative mit ihren begrenzten Mitteln am Kampf gegen Staat und Kapitalismus fest. Dabei ist der Antimilitarismus in dem von NATO-Angriffen und ethnischen Bürgerkriegen geprägten Land ein fester Bestandteil der gewerkschaftlichen Basisarbeit. So wundert es kaum, dass die Polizei im Zuge der jüngsten Proteste gegen die NATO-Konferenz zahlreiche Anarchosyndikalist/innen verhaftet hatte. Unter ihnen auch Ratibor Trivunac, der ehemalige IAA-Sekretär, welcher direkt zu 15 Tagen Haft verurteilt wurde. Er und sechs weitere Inhaftierte wurden wegen Behinderung der Polizei angeklagt und dem ASI-Mitglied Kosta Ristić wurden angebliche Angriffe auf einen Polizeibeamten vorgeworden (wobei auf Videoaufnahmen das Gegenteil zu sehen ist).
Seit der von der ASI mitorganisierten Anti-NATO-Kampagne läuft in dem auf EU-Mitgliedschaft wartenden Balkanstaat eine landesweite Medienhetze gegen die bekannten Anarchosyndikalist/innen. Die populäre Tageszeitung Blic hat die ASI im Juni mehrfach angegriffen und auf der Titelseite Ratibor Trivunac als kriminellen Anarchistenführer angeprangert. Beistand bekommt die Hetzkampagne von einem bekannten Juraprofessor, der die Gewerkschaft mit Neonazis vergleicht und die Verhaftung dieser „Extremisten“ fordert.
Es ist daher notwendig die Öffentlichkeit weiterhin über die Verfolgung von libertären Gewerkschafter/innen zu informieren und zur weltweiten Solidarität aufzurufen. Diese Repression gegen die ASI-IAA muss beendet und alle Verfahren gegen ihre Mitglieder eingestellt werden!
Anarchosyndikat Köln/Bonn
Siehe auch:
Serbien: Repressionen gegen ASI gehen weiter
Repression against ASI continues!
Serbie: malgré la brutalité de la répression, progression de l’anarchosyndicalisme
Themenseite: Freiheit für die Belgrader 6!
Dieser Artikel ist gemeinfrei bei Nennung der Autor/innen und der Webseite http://anarchosyndikalismus.blogsport.de