In der Nacht des 21. Dezember 2010 starben zwei Gleisarbeiter einer Vertragsfirma, die für die Deutsche Bahn AG im Industriegebiet Köln-Mülheim arbeiteten. In zwei Zweier-Teams waren sie beauftragt worden die mit Eis und Schnee bedeckten Schienen zwischen Schanzenstraße und Neurather Ring freizuräumen.
Dann raste ein Regionalzug aus Wuppertal mit 80 km/h um eine Kurve von hinten heran. Der Lokführer sah im Dunkeln die Kollegen und betätigte Warnsignal und Notbremse – doch vergeblich: Zwei Arbeiter, Tayfun A. (40) aus Langenfeld und sein 41-jähriger Kollege aus Wuppertal, wurden überfahren und waren sofort tot. Die beiden anderen Arbeiter und der Zugführer (61) mussten wegen des Schocks ärztlich behandelt werden, die Passagiere blieben jedoch unverletzt.
Polizei und Deutsche Bahn AG ermitteln seit einer Woche vergeblich zu den genauen Umständen des tödlichen Arbeitsunfalls. Es ist immernoch fraglich, ob der Zugführer rechtzeitig über die Gleisarbeiten informiert worden war und ob die Sicherungsmaßnahmen ausreichend waren. Es ist zwar vorgeschrieben, dass die Gleisarbeiter sich beim Fahrdienstleiter rechtzeitig anmelden, damit entweder der Streckenabschnitt gesperrt oder die durchfahrenden Züge gebremst werden müssen.
In der Unfallverhütungsvorschrift „Arbeiten im Bereich von Gleisen“ sind diese Sicherungsmaßnahmen für Gleisarbeiten genau geregelt. Damit soll sichergestellt sein, dass ein speziell ausgebildeter Sicherungsposten Ausschau hält und die Kollegen mit einem Signalhorn akustisch vor herannahenden Zügen warnt, damit sie sich rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Aber bei kleinen Gruppen von bis zu drei Arbeitern wird kein gesonderter Sicherungsposten eingesetzt, sondern einer von ihnen soll diese Aufgabe übernehmen. Ob nun der Schnee die Geräusche zu sehr gedämpft hat oder in der Hektik des winterlichen Verkehrschaos bei frostigen Temperaturen die lebenswichtigen Sicherheitsauflagen überhaupt eingehalten wurden, ist ungewiss.
Auch die zunehmende Privatisierung des Zugverkehrs ist ein Risikofaktor wegen konkurrierender Subunternehmen und hohem Zeitdruck, sowie Einsparungen bei Löhnen, Weiterbildung und Ausstattung. Auch Lärm, Überstunden und Fehleinschätzungen der Gleisarbeiter sind eine Gefahrenquelle. Daher sind lebensbedrohliche Arbeitsunfälle im Bahnverkehr leider fast schon vorprogrammiert, aber jeder Arbeitsunfall ist einer zuviel!
Einen Tag zuvor war in Berlin ein 47-jähriger Gleisarbeiter beim Enteisen einer Weichenanlage von einer S-Bahn erfasst und tödlich verletzt worden. Sein Kollege (20) wurde bei dem Arbeitsunfall ebenfalls schwer verletzt. Doch die Serie von tödlichen Arbeitsunfällen reißt nicht ab: Wenige Stunden später erfasste ein ICE, der mit Tempo 160 von Köln nach Berlin unterwegs war, einen Bahnarbeiter bei Hannover. Der 56-jährige verstarb noch am Unfallort. Es gab dort wohl keinen Sicherungsposten. Bereits am 09. Dezember war in Bonn-Mehlem ein Gleisarbeiter tödlich verunglückt, weil er angeblich auf dem falschen Gleis gestanden hat.
Erinnern wir uns auch an den Bahnarbeiter, der in Köln-Porz am 17. Oktober 2007 getötet wurde. Bei Arbeiten an der DB-Brücke Kaiserstraße kam es zu dem tödlichen Arbeitsunfall als der 47-jährige von einem Schienenbagger erfasst wurde. Der Bagger transportierte eine Spundwand und fuhr mit Schrittgeschwindigkeit im Gleis von Troisdorf nach Köln. Der Arbeiter ging etwa einen Meter vor dem Schienenfahrzeug her und wurde dabei von dem Bagger erfasst.
Kapitalismus tötet leise: Gedenke der Toten – kämpfe für die Lebenden!
Anarchosyndikat Köln/Bonn
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