Chile: Gegen das Schnellschuss-Gesetz

Folgender Beitrag von Solidaridad Obrera aus Chile erschien Anfang April 2023:

Die Staatsmacht hat erneut zugeschlagen. Dieses Mal, motiviert durch den Druck der extrem radikalen Rechten, die mit der Polizeiführung (Carabineros) verbündet sind. Sie haben ein Gesetz eingebracht, das grundsätzlich einen schnellen Einsatz von Schusswaffen zulässt.

Dieser soll in jederzeit möglich sein, sobald die Polizei sich einer Notsituation ausgesetzt sieht bzw. diese herbeiführt oder in der sie Opfer einer Handlung ist, welche ihre Integrität gefährdet. Dies war bereits im bestehenden Gesetz in Betracht gezogen, aber die neue Änderung besteht darin, dass jetzt die „legitime Verteidigung“ als Rechtfertigung gilt, was in der Vergangenheit eine Einladung zur Straflosigkeit war.


Wir beobachten seit langem den Gebrauch und Missbrauch tödlicher sowie nicht-tödlicher Waffen gegen die [indigenen] Mapuche-Gemeinschaften. Aber auch bei einigen Sozialprotesten mit zahlreichen Toten und Verletzten, welche während des gesellschaftlichen Aufbruchs 2019 deutlichen zugenommen hatten.

Dieses neue Gesetz wird damit begründet, dass Polizisten durch die organisierte Kriminalität zu Tode gekommen sind. Damit wurde Siedlern, Bauern und Unternehmern ein Freibrief gegeben, um die Polizei als Schutzmacht zur Verteidigung ihrer Interessen zu nutzen. Dieses Gesetz wird weder die Kriminalität noch den Drogenhandel vermindern, sondern es wird ein Anreiz sein, die Repression gegen die sozialen Bewegungen zu verstärken. Denn eine kämpferische Bevölkerung gilt nach einer Untersuchung der Direktion der politischen Polizei „Dipolcar“ (Dirección de Inteligencia Policial de Carabineros) als der wahre Feind. Dabei wurden die Vorsitzenden verschiedener Gremien, sowie Umweltaktivist*innen und linke Parteien beobachtet und verfolgt.

Wir werden daher keinen Rückgang der organisierten Kriminalität erleben, sondern eine Erweiterung ihrer Handlungsmöglichkeiten. Denn sie sind die Handlanger*innen der Sicherheitspolitik, wie man feststellen konnte bei den bewaffneten Angriffen auf illegale Marktstände (Toldos Azules). Oder anhand der Ermittlungen gegen aktive Polizeibeamte oder Angehörige der Streitkräfte, die Waffen und Schutzausrüstung an kriminelle Banden weitergegeben haben. Ihr Ziel ist es, die antikapitalistische Gesellschaftsbewegung zu stoppen und damit zu beginnen, die Aktivist*innen zu vernichten, welche dem Großkapital im Wege stehen.

Wir rufen dazu auf, wachsam zu sein und das wahre Ziel dieses Gesetz mit aller Kraft öffentlich anzuprangern.

Dieses Schnellschuss-Gesetz ist keine skurrile Idee, sondern ein tätlicher Angriff gegen die soziale Bewegung!

Bereiten wir eine gesellschaftliche Antwort vor auf den Machtmissbrauch des Staates durch seine bewaffneten Streitkräfte: Polizei (Carabineros), Kriminalpolizei (Policía de Investigaciones) und Militär!

Sindicato de Oficios varios de la Frontera del Biobío,
Solidaridad Obrera – AIT Región chilena

Übersetzung: ASN Köln
CC: BY-NC