Wien: Gewerkschaft gewinnt gegen Reinigungsfirma

„Weiterer Arbeitskampf gewonnen:
Fehlendes Gehalt bei Reinigungsfirma erstritten

Das Wiener ArbeiterInnen-Syndikat kann einen weiteren schönen Erfolg vermelden. Zwei ArbeiterInnen aus Griechenland, die in Österreich in der Reinigungsbranche beschäftigt waren, haben nun fehlende Teile ihres Gehalts nachbezahlt bekommen.

Das Folgende ist eine Geschichte, die (ähnlich zum Fall Seamox/ SThree) viel mit globalisiertem Kapitalismus und der besonders prekären Situation von ausländischen Arbeitskräften in Österreich zu tun hat. Unsere beiden GenossInnen aus Athen kamen Ende August 2021 in die niederösterreichische Kleinstadt Zwettl, um dort für eine Reinigungsfirma zu arbeiten, auf die sie über eine griechische Online-Jobbörse aufmerksam wurden.

Für diese Firma arbeiteten Beide in einem Hotel in der Nähe von Zwettl als Putzkräfte. Die Bedingungen im Hotel waren für die KollegInnen aus Griechenland akzeptabel, doch mit der Reinigungsfirma gab es mehrere Probleme. Das war zum einen das Verhalten des Bosses, der oft an freien Tagen und in ihrer Freizeit, teilweise zu unmöglichen Zeiten Kontakt aufgenommen hat, weil er irgendwas wollte.

Ein weiteres Problemfeld ergab sich, als der Firmenchef Geld verlangte, weil Kratzer an dem Auto waren, mit dem unsere GenossInnen zur Arbeit fahren mussten. Gemäß Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) ist jedoch eine Haftung der DienstnehmerIn „für eine entschuldbare Fehlleistung“ ausgeschlossen. Insofern gibt es in diesem Fall keine Möglichkeit auf Schadenersatz für die Reinigungsfirma durch die KollegInnen.

Nachdem der Firmenbesitzer seine ehemaligen Beschäftigten wiederholt mit dieser Forderung belästigt hat, haben die beiden das WAS kontaktiert – mit der Frage nach Zusammenarbeit in Rechtsangelegenheiten. So wurden wir diesmal auch über die Grenzen unserer Stadt hinaus aktiv!

Das war aber allein schon logistisch eine gewisse Herausforderung, da es seit über 10 Jahren keinen Schienenpersonenverkehr ins rund 120 Km entfernte Zwettl mehr gibt, und wir in Wien wiederum keine Autos haben. Insofern war die Ausgangssituation zuerst, dass wir nicht nach Zwettl, und die ArbeiterInnen von dort nicht weg konnten, da eine Reise mit dem Bus von Zwettl nach Wien allein 52 Euro kosten würde!

Mit etwas Aufwand haben wir schließlich doch ein Auto aufstellen können, und sind ausnahmsweise die 120 Kilometer nach Zwettl gedüst. Mit fünf Rechtsbüchern, einer Gesetzessammlung und dem Laptop im Gepäck haben wir vor Ort zu dritt kurzerhand ein mobiles Gewerkschaftsbüro im Aufenthaltsraum der Unterkunft der HacklerInnen eingerichtet. Was, nebenbei bemerkt, auch Aufsehen bei etlichen anderen Saisonkräften vor Ort erzeugt hat. Einem Slowakischen Arbeiter konnten wir sofort eine Erstinformation auf seiner Erstsprache geben, indem wir kurzerhand die GenossInnen der Priama Akcia (unsere slowakische Schwestergewerkschaft) angerufen und das Telefon weitergereicht haben.

In der folgenden Recherche, welche wir gemeinsam mit den griechischen ArbeiterInnen gemacht haben, kam heraus, dass der Chef nicht nur unrechtmäßige Forderungen erhoben hat, sondern auch die Lohnabrechnung falsch war und Teile des Gehalts fehlten! Konkret ging es darum, dass die Überstundenzuschläge nicht bezahlt wurden, ebenso wenig wurden anteiliges 13. und 14. Monatsgehalt sowie nicht konsumierte Urlaubstage ausbezahlt.

Das WAS schrieb anschließend einen Brief an den Firmenbesitzer, in welchem wir ihn über die gesetzliche Lage informierten und aufforderten, die fehlenden Gehaltsbestandteile auszuzahlen. Nach einigem Hin und Her, einem weiteren Brief sowie mehreren Telefonaten, willigte er schließlich ein, zu zahlen. Nun ist der fehlende Teil des Gehalts tatsächlich an unseren GenossInnen in Griechenland überwiesen worden!

Wir sehen diesen Arbeitskampf somit als erfolgreich abgeschlossen an. Es ist hierbei besonders anzumerken, dass wir in diesem Fall keinerlei Vertretung- oder staatliche Strukturen involviert haben und beispielsweise nicht vor das Gericht in Krems ziehen mussten, da der Boss letztlich doch Vernunft angenommen hat. Grundsätzlich ist es nämlich möglich, in der 1. Instanz bei Arbeitsgerichten mit Vollmacht für jemand anderen zu klagen. Darauf haben wir uns auch bereits aktiv vorbereitet, um ausnahmsweise unseren Leuten in Athen „remote“ zu ihrem Geld zu verhelfen, da es durch die Sprachbarriere und die Anreisekosten einfach unmöglich für sie gewesen wäre. Der diesbezügliche Austausch im Vorfeld über die Problematiken von Gerichten und speziell von Vertretungen war von außerordentlichem Bewusstsein sowie Gleichberechtigung geprägt, was uns die Entscheidung, diesen Schritt notfalls zu gehen, überhaupt erst ermöglicht hat.

Gleichzeitig zeigt sich, dass Solidarität auch über Stadt-, Länder- und Sprachgrenzen hinweg sehr erfolgreich sein kann. Insgesamt waren es rund 3300,- Euro, die wir erkämpft haben!

Gerade der Fremdenverkehr ist eine Branche, in der oft extreme Ausbeutung der ArbeiterInnen vorherrscht, ermöglicht durch die vermeintliche Hilflosigkeit und Vereinzelung von hauptsächlich migrantischen und fast immer nur saisonal angestellten Arbeitskräften, die die Landessprache nicht sprechen. Insofern freuen wir uns, dass dieses Muster diesmal nicht funktioniert hat, und wir uns gemeinsam mit unseren GenossInnen erfolgreich dagegen gewehrt haben.

In diesem Sinne: Hoch die internationale Solidarität!“

Artikel veröffentlicht am 10.03.2022 auf wiensyndikat.wordpress.com