Kolumbien: Repression gegen landesweite Protestbewegung

Wie die Basisgewerkschaft ULET-IAA berichtet, reagiert die Regierung des Andenstaates zur Zeit mit exzessiver Gewalt auf die landesweite Welle von Generalstreiks und kreativen Massenprotesten gegen die geplante Steuererhöhung auf Kosten der Bevölkerung.


Nicht nur am Ersten Mai, sondern bereits seit dem 28.04. gehen in der südamerikanischen Republik trotz gerichtlichem Verbot und anhaltender Corona-Pandemie zehntausende Arbeiter*innen, Bäuer*innen und Studierende immer wieder auf die Straße. Vor allem in der Hauptstadt Bogotá und in der Provinzmetropole Cali (Valle del Cauca) kam es zu Auseinandersetzungen mit Polizei und Militär, die zahlreiche Menschen an den Straßenblockaden, Versammlungen und Streikposten, aber auch in Wohngebieten angegriffen haben.

Besonders die Aufstandsbekämpfungseinheit ESMAD ist bekannt für systematische Brutalität gegen Demonstrationen, u.a. durch Prügelorgien und gezielte Schüsse mit Tränengasgranaten auf Kopfhöhe. Seit einigen Tagen feuert die Polizei auch scharfe Munition auf Protestierende.

Insgesamt starben während der Proteste bisher mindestens 26 Zivilist*innen und etwa 30 Demonstrant*innen erlitten schweren Augenverletzungen. Es wird von mehreren Fällen sexualisierter Gewalt durch Sicherheitskräfte berichtet und etwa 800 Personen wurden festgenommen, meist willkürlich auch in Krankenhäusern und Universitäten. Cirka 90 Demonstrant*innen gelten als „verschwunden“, da sie offiziell nicht im Polizeigewahrsam angekommen sind.

Vielen Inhaftierten wird „Vandalismus“ vorgeworfen, da es während der  Streikbewegung auch zu massiven Sachbeschädigungen kam. So wurden beispielsweise einige Banken angegriffen, zahlreiche Geschäfte geplündert, ein Büro der Steuerbehörde DIAN und mehrere Fahrzeuge in Brand gesetzt, sowie ein Denkmal des spanischen Kolonialisten Sebastián de Belalcázar zerstört. In einigen Städten wurden daraufhin Ausgangssperren verhängt.

Neben der unpopulären Ausweitung der Besteuerung wenden sich die Demonstrationen auch gegen die pandemieverstärkte Wirtschaftskrise mit extremer Ungleichheit und Massenarmut, sowie gegen die Reform des Gesundheitssystems. Auch der stockende Friedensprozess in dem bürgerkriegsgeplagten Andenstaat, die paramilitärischen Attentate auf Sozial- und Menschenrechtsaktivist*innen, ebenso wie drängende Umweltprobleme sind einige Themen der Protestwelle.

ULET-IAA (Demonstration)
Am 03.05. hat die Regierung von Präsident Duque zwar vorerst den Stopp und eine Überarbeitung der Reformpläne verkündet, sogar der Finanzminister ist zurückgetreten. Doch das vereinende Ziel der breiten Protestbewegung bleibt weiterhin ein grundsätzlicher sozialer Wandel. Die Straßenaktionen gehen daher trotz des tödlichen Einsatzes von Schusswaffen und Panzerfahrzeugen weiter. Der reformistische Gewerkschaftsdachverband CUT hat für den 05.05. erneut zu einem landesweiten Streiktag aufgerufen.

Die anarchosyndikalistische ULET, die sich gegen diese Militarisierung der Sozialproteste ausspricht, unterstützt zudem die Forderung nach einem unbefristeten Generalstreik (#ParoNacionalIndefinido). Sie ruft zu internationalen Solidaritätsaktionen gegen dieses Massaker an der kolumbianischen Bevölkerung auf (#SOSColombiaEnDictadura)

Mehr Infos der „Unión Libertaria Estudiantil y del Trabajo„:
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