Covid-19-Krise und antikapitalististischer Kampf in postfaktischen Zeiten

Auf der Webseite „ideas & action“ der US-amerikanischen Workers‘ Solidarity Federation (WSA) erschien Ende Mai 2020 folgender Text von Jason Fiore:

In den USA wurde die Covid-19-Krise noch verschärft durch den Massenkonsum von rechten, verschwörungsgläubigen Falschmeldungen, welche den Ernst der Lage herunterspielen und am freien Markt als Lösung festhalten.

Das Neue daran ist, dass der populistische Sieg von Trump die Verschwörungstheorien aus ihrem Schattendasein heraus und mitten in den Mainstream des Informationsmarktes gebracht hat. Diese Verschwörungstheorien sind ein Bestandteil der vorherrschenden Multimedia-Informationen geworden. Dabei geben die Kapitalist*innen Milliarden für Thinktanks in [Washington] D.C. aus, um teuflische Wege zu finden, wie sie die Meinung der Konsument*innen beeinflussen können, um sicherzustellen, dass diese handeln ohne Nachzudenken.

Workers' Solidarity Federation (WSA)
Was jedoch nicht neu ist, ist die Lüge, dass der Marktliberalismus die wahre Lösung für die andauernden Krisen sei. Egal, ob diese Krisen durch den Markt oder die Gesellschaft verursacht wurden, die Rechten fordern immer mehr Macht und Autorität. Damit die reiche, politische und kapitalistische Klasse weiter über alle anderen herrschen kann. Und von uns wird erwartet, dass wir darauf vertrauen, jemand werde für uns sorgen. Aber das ist bisher nicht geschehen und wird auch in Zukunft nicht passieren.

Die USA und die meisten andern Länder leiden dabei unter einem Mangel an Demokratie und damit ist nicht bloß eine mangelnde aktive und passive Teilnahme an Wahlen gemeint. Obwohl der US-amerikanische Politapparat tatsächlich zu den höchst begrenzten und schwer zugänglichsten zählt.

Doch auf eher direkte und bedeutende Weise meint die Teilnahme an der Demokratie auch sowas, wie die Gründung von Gewerkschaften und Basisorganisationen von Arbeiter*innen und Konsument*innen. Damit sich einfache Leute organisieren können und befähigt sind, eigene Kampagnen zu den tatsächlichen sozialen Problemen zu starten und erfolgreich durchzuführen. Solch eine demokratische Teilhabe untergräbt den Marktliberalismus, denn es geht um die Erfüllung gesellschaftlicher Bedürfnisse der einfachen Bevölkerung, wozu der Markt nicht in der Lage ist.

In Krisen, wie der aktuellen, ist überlicherweise ein leichter Anstieg der demokratischen Teilhabe zu beobachten. In den Vereinigten Staaten zeigt sich das in der Zunahme von Streiks und anderen Arbeitskämpfen, sowie in vermehrten Aktvitäten von gesundheitsbezogenen Verbraucher*innen-Initiativen. Doch die Staatsregierung ist bereits durch rechte Lobbyist*innen dazu gebracht worden, eine frühe Öffnung durchzuführen, anstatt den Empfehlungen der medizinischen Expert*innen zu folgen.

Das Ergebnis wird eine Wiedereröffnung sein, um die Gewinne der Mächtigen am laufen zu halten. Während die einfachen Arbeiter*innen von Zwangsräumung bedroht sind, falls sie nicht zur Arbeit gehen. Oder sich wohlmöglich mit einer potenziell tödlichen Seuche infizieren, wenn sie arbeiten.

Kurz gesagt, es erfordert eine hohen Anstieg an demokratischer Teilnahme, um eine wirklich positive Alternative zu diesen schrecklichen Zuständen zu schaffen. Wenn wir das bewältigen, können wir Schutz und Sicherheitsmaßnahmen für Verbraucher*innen verstärken. Aber wir können auch anderes verwirklichen, wie Mietenstopps und Mietkürzungen, sowie eine umfassende, allgemeine Gesundheitsversorgung.

Auf lange Sicht glauben wir, dass eine selbstverwaltete, freiheitliche Alternative zum Kapitalismus solche Krisen besser überstehen kann. Denn diese ist auf eine direkt nutzenorientierte Produktion ausgerichtet (anstelle von Warenproduktion, welche die Müllhalden wachsen lässt). Sowie auf Verfügbarkeit, Solidarität und unvermittelte Teilhabe.

Dafür müssen wir auch Wege finden, um die Hegemonie [Vorherrschaft] der multimedialen Informationen zu bekämpfen. Denn diese lassen die Menschenmassen glauben, dass die Verschwörungstheorien recht hätten. Und dass eine wirkliche, direkte Verbesserung unseres eigenen Lebens letztlich unseren eigenen Interessen entgegenstehen würde.

Um das zu erreichen, benötigen wir einen Journalismus und eine Theorie der Arbeiter*klasse. Damit libertäre [freiheitliche] Ideen in den Mainstream gelangen und verbreitet werden. Denn wir müssen die Stimme des Großkapitals durch die Stimmen und Geschichten der Massen von einfachen Arbeiter*innen überwinden.

Quelle:
http://ideasandaction.info/2020/05/covid-19-crisis-battling-capitalism-post-truth-era/

Übersetzung: Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln (https://asnkoeln.blackblogs.org)
CreativeCommons: BY-NC

Mehr Infos:

USA: Solidarität statt Kriegstreiberei
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2020/02/19/usa-solidaritaet-statt-kriegstreiberei/

USA: Gewerkschafter*innen unterstützen den Aufruhr
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2020/06/06/usa-gewerkschafterinnen-unterstuetzen-den-aufruhr/